Der Himmel über Doha verdunkelte sich schon wieder, als Neymar viele Stunden nach allen anderen Brasiliens Mannschaftshotel verließ. Eine schwarze Kappe tief ins Gesicht gezogen, ging der erneut gescheiterte Starspieler auf eine Handvoll Fans zu, die ihm aufmunternde Worte zuriefen: „Sei stark, wir halten zu dir.“ Ein kurzes Winken, dann verschwand er in einem weißen Kleinbus. Ziel unbekannt.
Seine Teamkollegen saßen schon lange mit dem scheidenden Trainer Tite im gecharterten Flieger nach Rio de Janeiro mit Zwischenstopp London. Da schrieb der 30-Jährige noch seine persönliche WM-Bilanz. „Ich bin psychologisch am Boden“, hieß es auf Instagram: „Das war sicherlich die Niederlage, die am meisten wehgetan hat, die mich zehn Minuten lang wie gelähmt ließ, bevor ich endlos in Tränen ausgebrochen bin. Es wird leider noch sehr lange wehtun.“
Torrekord eingestellt
Der Angreifer von Paris St. Germain hatte nach seiner dritten missratenen WM seine Zukunft im Team des Rekordweltmeisters offengelassen. Er wolle erst „nach Hause fahren“, „jammern und leiden“ und dann entscheiden: „Ich schließe die Türen nicht, ich sagte nicht zu 100 Prozent, dass ich zurückkomme.“
Nicht nur seine Teamkollegen, auch sein Idol Pelé forderte Neymar gleich nach dem tragischen 2:4 im Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Kroatien zum Weitermachen auf. „Dein Vermächtnis ist noch lange nicht zu Ende. Inspiriere uns weiter!“, ließ der 82-Jährige verbreiten und beglückwünschte ihn zum historischen Tor in der Verlängerung. Mit seinem 77. Länderspieltreffer hatte Neymar Pelés Torrekord in der Seleção eingestellt: „Mein Rekord wurde vor fast 50 Jahren aufgestellt, und niemand konnte sich ihm bis heute nähern. Du hast es geschafft, Junge.“
Zum Halbfinaleinzug reichte das 1:0, das Neymar in typischer Pelé-Pose bejubelt hatte, aber nicht. Nach dem späten Ausgleich platzte der Traum vom „Hexa“, dem sechsten WM-Titel, im Elfmeterschießen.
Weltmeister Ronaldo wünscht sich Diniz als Nationaltrainer
Die Suche nach dem Nachfolger für Tite (61), der nach sechs Jahren wie angekündigt aufhört, hat bereits begonnen. Verbandschef Ednaldo Rodrigues hat sie zur Chefsache erklärt. Fans und Journalisten wünschen sich die Spanier Pep Guardiola (51) und Luis Enrique (52), Weltmeister Ronaldo hält dagegen den innovativen Fernando Diniz (42/Fluminense Rio de Janeiro) für einen guten Kandidaten, „weil er ein Typ ist, der gut spielen lässt und eine Show abliefert“.

