Ist es das, wovon man als Ersatzspieler träumt? Sven Michel, der Profi des 1. FC Union Berlin, sah sich am Sonnabendnachmittag so ab 17.30 Uhr gleich mehrmals mit dieser Frage konfrontiert. Und Michel, der zuvor im Ligaduell mit RB Leipzig nur 21 Sekunden nach seiner Einwechslung per Kopf in der 86. Minute das Tor zum Ausgleich erzielt, drei Minuten später auf fabelhafte Weise mit der Hacke auch noch den Siegtreffer zum 2:1 Kevin Behrens vorbereitet hatte, antwortete schließlich mehrmals wie folgt: „Ja, das ist es.“
Mattuschkas kecke Prophezeiung
Ja, das ist es: Raus aus der Rolle des Nebendarstellers, rein in die Rolle des Matchwinners. Nicht nur dabei, sondern mittendrin, ja, endlich mal der gefeierte und gefragte Held sein. Wertvoll und wichtig sein. Schlagzeilen und schließlich auch Druck auf den Trainer machen. Denn so ein Ersatzspieler hat natürlich für gewöhnlich noch einen ganz anderen, einen übergeordneten Traum, nämlich schon bei nächster Gelegenheit kein Ersatzspieler mehr zu sein.

Michel, vor fast 32 Jahren im nordrhein-westfälischen Freudenberg geboren, wurde von den Eisernen in der Winterpause aus Paderborn geholt. Auf die Schnelle, als Ersatz für den abtrünnigen Max Kruse, wie damals überall zu lesen war, obwohl Michel trotz gleicher Rückennummer und ähnlicher Position natürlich kein Kruse und umgekehrt Kruse kein Michel ist.
Sheraldo Becker gibt Beispiel
Dennoch hatte der Neue in Köpenick schon ein wenig unter dieser Bürde zu leiden, sah sich im Alltag wiederum mit einem neuen Spielsystem, mit einem anderen Spielniveau konfrontiert. Ja, Michel, der mit dem SC Paderborn zwar mal ein Jahr in der höchsten deutschen Spielklasse gespielt und dabei seine Bundesligatauglichkeit unter Beweis gestellt hatte, wirkte infolge der Umstellung auf eine neue Lebens- und Berufssituation mitunter tatsächlich etwas geschafft.
So konnte er auch den Worten seines Kumpels Torsten Mattuschka nicht Folge leisten. Mit seinem leidenschaftlichen Spiel werde der Linksfuß innerhalb von zwei Heimspielen die Herzen der Union-Fans gewinnen, hatte der Kultspieler der Eisernen, der mit Michel im Ausgang seiner Karriere von 2014 bis 2016 noch bei Energie Cottbus zusammen spielte, im Januar keck prognostiziert. Doch so einfach war das halt nicht.

