Es waren Ereignisse, die in die europäische Fußballgeschichte eingehen werden: Die Uefa-Cup-Triumphe von ZSKA Moskau 2005 oder drei Jahre später von Zenit Sankt Petersburg. Allgemein galt der russische Fußball in der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre auf dem aufsteigenden Ast. Die Sbornaja – die Nationalmannschaft Russlands – erreichte bei der Europameisterschaft 2008 sensationell das Halbfinale. Geschichten einer längst überholten Ära.
Denn spätestens seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist auch der russische Fußball in Europa isoliert. Vereins- wie Nationalmannschaften sind seit Februar 2022 von der Uefa und Fifa sanktioniert. Bei den Play-offs zur WM in Katar waren sie schon nicht mehr dabei und auch bei der EM 2024 in Deutschland wird keine russische Mannschaft antreten. Die Zukunft der zahlenmäßig populärsten Sportart Russlands ist weiter fraglich. Nun wird in den kommenden Tagen in Moskau final entschieden, ob der russische Fußballverband die Uefa verlassen wird und derweil offen mit einem Wechsel zur Asiatischen Fußball-Konföderation (AFC) kokettiert.
Am vergangenen Freitag trafen sich laut übereinstimmender internationaler Medienberichte Funktionäre des russischen Fußballs, um über Fragen des Austritts aus der Uefa zu beraten. Die Diskussionen über einen Verbandswechsel nach Asien werden hitzig geführt. Dabei gibt es nicht nur formelle Hürden eines solchen Wechsels von Europa nach Asien. Auf sportlicher Ebene – mit der Annahme, dass der russische Fußball irgendwann wieder auf die europäische Bühne zurückkehren würde – heißen die Gegner dann nicht mehr Manchester United oder Real Madrid, sondern Shabab Al-Ahli Dubai oder FC Daegu. Die Sbornaja würde hingegen keine Europameisterschaften mehr spielen, sondern sich im Asien-Cup mit den dortigen Fußballgrößen messen.

Vom möglichen Übertritt erhofft sich der russische Fußball wieder mehr Wettkampfpraxis für seine Mannschaften. So bestritt die Nationalmannschaft von Trainer Waleri Karpin seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine erst drei Testspiele. Einem 2:1-Sieg in Kirgistan folgten zwei enttäuschende Nullnummern in Tadschikistan und Usbekistan. Alle drei ehemaligen Sowjetrepubliken gehören dem asiatischen Fußballverband an. Auch politisch soll ein möglicher Wechsel demonstrieren, dass Russland im Weltsport nicht isoliert sei.
Gegner eines Verbandswechsels argumentieren mit einem Prestigeverlust und den weitaus geringeren Geldsummen, die im asiatischen Fußball zirkulieren. So bekommt sogar der Sieger der asiatischen Königsklasse weniger Geld als ein Verein, der es nur in die Qualifikation für die europäische Champions League schafft. Auch die sofortige Teilnahme an asiatischen Kontinentalturnieren wäre aufgrund des schon komplettierten Teilnehmerfeldes erst ab 2024 möglich. Und die Qualifikation zur WM 2026 würde die Sbornaja wohl auch verpassen, da, in diesem Fall, die Fifa Russland weiterhin blockieren würde.

Die Diskussionen in Moskau nehmen auch an den letzten Tagen des Jahres nicht ab, Treffen zwischen Sportfunktionären wurden verlegt. „Die Verschiebung ist auf die Notwendigkeit zusätzlicher Konsultationen im Zusammenhang mit dem möglichen Übergang Russlands in die AFC zurückzuführen. Es ist geplant, dass die Abstimmung vor dem 31. Dezember 2022 stattfindet“, berichtet der russische Fußballverband auf seinen Kanälen.




