Daniel Siebert, geboren am 4. Mai 1984 in Berlin, hat anstrengende Monate hinter sich. Als Schiedsrichter war er im Dauereinsatz, Zweite Liga, Bundesliga, Europa Conference League, Europa League, Champions League, Nations League. Das bedeutet Dauerstress, im Besonderen, wenn auch übers Spielende hinaus noch über deine Leistung diskutiert wird.
Und über die Leistungen von Siebert ist in den vergangenen Monaten nach Spielende doch allzu oft diskutiert worden. So wie im September nach dem 0:2 des AC Mailand im Champions-League-Gruppenspiel gegen Chelsea London, nachdem Siebert die Italiener mit einem tatsächlich nur schwer nachvollziehbaren Platzverweis in der 18. Minute vorentscheidend gehandicapt hatte. In der Gazzetta dello Sport war schließlich Folgendes zu lesen: „Ein Diebstahl auf Kosten Mailands. Milan wird vom Schiedsrichter und nicht von Chelsea besiegt.“
Auch in Cardiff, Dortmund oder Paris ist man nicht gut auf den Sport- und Geografielehrer aus Lichtenberg zu sprechen. Tja, sagen wir mal so: Siebert, verheiratet und seit Sommer vergangenen Jahres Vater einer Tochter, wirkt als Unparteiischer mitunter tatsächlich etwas angestrengt und unsicher, ist jedenfalls noch lange nicht so weit, von Spielern und Trainern und damit auch von den Beobachtern als Souverän wahrgenommen zu werden.
Debüt in der Bundesliga vor zehn Jahren
Nichtsdestotrotz ist Siebert unser Mann in Katar, soll heißen: Er ist der einzige deutsche Schiedsrichter, der vom Fußball-Weltverband (Fifa) für den Einsatz bei der am Sonntag eröffneten Weltmeisterschaft berufen wurde. Wobei an dieser Stelle auch seine Assistenten nicht unerwähnt bleiben sollen. Der eine heißt Jan Seidel, der andere Rafael Foltyn. Wann die drei erstmals in Katar zum Einsatz kommen werden, ist indes noch unklar.
Schon als Teenager und junger Erwachsener besserte Siebert sein Taschengeld am Wochenende mit Einsätzen als Schiedsrichter auf, spielte zu dieser Zeit auch noch selbst Fußball, vorwiegend für den FC Nordost Berlin, bis er sich als Anfang 20-Jähriger dazu entschloss, als Unparteiischer Karriere zu machen. Machte er auch. In Windeseile.
Debüt in der Bundesliga: 2012. Debüt in der Champions League: 2015. Auch bei einem Großturnier: EM 2021. Nun ist ihm zu wünschen, dass er in den kommenden Wochen seinem Leitspruch gerecht wird. Der lautet: „Mein Ziel ist stets, mit meinen Entscheidungen keinen negativen Einfluss auf das Endergebnis zu haben.“ Und er selbst weiß: Je öfter er in Zukunft dieses Ziel auch erreicht, desto seltener wird über seine Leistungen diskutiert werden.




