War war das schon wieder eine Woche für Hertha BSC? Es ging wie so häufig zuletzt um Geld. Und zwar welches, das fehlt. Und natürlich waren es nicht irgendwelche Zahlen, sondern gleich sogenannte Horror-Zahlen, die der Jahresabschluss 2021/22 zu Tage brachte. Und dann auch noch der FC Bayern zu Gast im Olympiastadion. Der Klub, in dem Eric Maxim Choupo-Moting zuletzt auch für Zahlen gesorgt hat, die eine durchschnittliche Bundesliga-Abwehr so viel Angst und Schrecken einjagen können, wie eine Fahrt durchs Horrorkabinett.
Sieben Tore und drei Vorlagen gelangen Choupo-Moting in den sechs Pflichtspielen vor dem am Sonnabend in Berlin. Und auf Seiten der Hertha? Stürmte dieses Mal von Anfang an Davie Selke neben Dodi Lukebakio. Derjenige also, der bislang erst zwei Startelf-Einsätze hatte und als einer der ersten Abgänge gehandelt wurde, als es nach den Horrorzahlen, die Präsident Kay Bernstein zwar nicht als Horror, aber immerhin als Herausforderung bezeichnet hatte, darum ging, schnellstmöglich Geld zu sparen. 79,8 Millionen Verlust, Eigenkapital auf 29,5 Millionen geschmolzen. Da muss einer wie Selke, der kaum auf dem Platz steht, aber angeblich Unmengen verdient schnell weg von der Payroll. Oder doch nicht?
Vor ausverkauftem Olympiastadion
Positiv war auf jeden Fall bei der 2:3 (2:3)-Niederlage am Sonnabend eine andere Zahl für Hertha BSC. Das Olympiastadion war mit knapp 75.000 Zuschauern ausverkauft. Die Berliner gingen konzentriert und mit guter Ordnung in die Partie. Und als Selke nach 10 Minuten ein erstes Chancelein hatte, wedelte er engagiert mit den Armen: „Weiter, weiter“, war von seinen Lippen abzulesen. Aber den ersten Ballverlust der Herthaner im Mittelfeld nutzen die Bayern, Sadio Mané passte auf Jamal Musiala, der schob den Ball zum 1:0 (12.) ins Netz.
Je länger die Partie dauerte, desto mehr übernahm der FC Bayern die Regie auf dem Rasen. Und dann zeigte Choupo-Moting, wie es aussieht, wenn ein Stürmer wie ein echter Neuner agiert. 37. Minute: Hertha-Verteidiger Marc-Oliver Kempf verstolperte den Ball im eigenen Strafraum, Choupo-Moting schnappte ihn sich: 2:0. 38. Minute: Agustin Rogel bekam im Strafraum einen Flankenball an die Hacke, im Gewühl reagierte Choupo-Moting als Erster und stocherte den Ball im Fallen mit dem Schienbein an Oliver Christensen vorbei: 3:0.
Aber Hertha BSC hatte in dieser Saison schön öfter gezeigt, dass Spielstände, die aussichtslos zu sein scheinen, nicht immer aussichtslos sind. Und so flankte Marco Richter in der 40. Minute wunderschön von der rechten Seite hoch und weit in den Strafraum, weil ihm Alphonso Davies den Platz dazu gelassen hatte. Und Dodi Lukebakio zeigte, dass ihm seine bisherigen sechs Saisontore eine Menge Selbstvertrauen verschafften: Er nahm den Ball volley und traf aus zehn Metern zum 1:3.
Dann hatte Selke seinen Auftritt. Das heißt, zunächst lag er nach einer Berliner Flanke erst mal irgendwo neben Manuel Neuers Fünf-Meter-Raum auf dem Boden und krümmte sich. Die Spielsituation schien geklärt zu sein. Doch da meldet sich der Kölner Keller. Schiedsrichter Bastian Dankert zeigte auf den Elfmeterpunkt. Die Videobilder zeigten: Benjamin Pavard war Selke auf den Fuß getreten, hatte ihn nach dem Eckball behindert, umgerissen. Und dann trat tatsächlich Selke zum Strafstoß an. Die Hände in die Hüften gestemmt, allen Schlagzeilen zum Trotz, lief er in seinem 200. Bundesligaspiel an und schickte Neuer in die falsche Ecke: 2:3 (45.). „Wie wir zurückgekommen sind, spricht für uns und passt zu unserem Weg. Wir arbeiten gut, es ist eine Entwicklung zu sehen. Nur haben wir leider noch nicht so viele Punkte auf dem Konto, wie wir verdient hätten“, sagte Selke.
Keine Punkte für Hertha BSC
Und jetzt? Würde den mutigen Berlinern so etwas wie der Clou der Woche gelingen? Zunächst kombinierte sich der FC Bayern fröhlich durch die Partie. Aber das blieb dem ein oder anderen im Olympiastadion verborgen, denn dicke blaue Schwaden einer Rauchbombe aus der Ostkurve lagen über dem Rasen. Die Münchner erhöhten den Druck. Sie spielten sich Chancen heraus - bis der Ball dann erneut hinter Christensen im Netz zappelte. Eigentor Rogel? Nein, Schiedsrichter Dankert winkte ab. Der VAR hatte zuvor eine Abseitsstellung von Musiala erkannt. Kein Tor für den FC Bayern, also - aber die Münchner eroberten zumindest bis zum Spiel des 1. FC Union am Sonntag in Leverkusen die Tabellenführung zurück.
„Obwohl ich das Gefühl hatte, dass wir noch das 3:3 machen, hat es am Ende nicht gereicht. Bayern hat natürlich eine hohe Qualität, trotzdem haben wir es gut gemacht – auch, wenn wir uns nicht belohnen konnten“, sagte Selke. Nach der Einwechslung von Wilfried Kanga, Maximilian Mittelstädt und Chidera Ejuke wurden die Berliner noch einmal agiler. Trotz seiner Ballbesitz-Vorteile gelang dem FC Bayern kein weiterer Treffer mehr.

