Fußball-Bundesliga

Mit Boateng als echtem Antreiber: Hertha BSC erreicht in Freiburg ein Remis

Nach acht Auswärtsniederlagen in Folge zeigen die Berliner im Breisgau ihr kämpferisches Gesicht. Ein Tor von Jessic Ngankam rettet Hertha den Punkt.

Alle mal hier lang: Kevin-Prince Boateng (r.) führt Hertha BSC beim Remis in Freiburg an.
Alle mal hier lang: Kevin-Prince Boateng (r.) führt Hertha BSC beim Remis in Freiburg an.Roger Bürke/imago

Falls sich manch einer gefragt haben mag, was eigentlich dieser Kevin-Prince Boateng in seinem letzten Profijahr bei Hertha BSC so macht, außer den Fans Döner zu spendieren oder als Sprachrohr aus dem Wedding zu tönen, der hat es an diesem Wochenende sehen können. Beim Auswärtsspiel in Freiburg stand Boateng zum ersten Mal seit dem 1:3 gegen den 1. FC Union im vorigen August von Beginn an auf dem Feld. Und da zeigte der 36-Jährige, dass er noch immer mehr sein kann als bloß ein folkloristisches Maskottchen: „Eine Führungspersönlichkeit in der Gruppe ist er das ganze Jahr schon – das wollten wir heute von Anfang an gegen einen guten Gegner auf dem Platz haben“, erläuterte Sandro Schwarz nach dem 1:1 (0:0) beim Europacup-Anwärter aus dem Breisgau. Nach acht Auswärtsniederlagen in Folge und dem mutlosen Auftritt zuletzt bei Hoffenheim musste der Hertha-Coach ja auch etwas ändern.

Hertha-Coach Sandro Schwarz lobt Kevin-Prince Boateng

Klar, in der Kabine oder auf dem Trainingsplatz, das haben sie bei Hertha immer wieder betont, sei Boateng als Typ für das Binnenklima in der Mannschaft wichtig. Aber am Sonnabend beim SC Freiburg, da zeigte er, dass seine Anwesenheit auf dem Platz als Antrieb für die Kollegen dient. „Er hat genau das gemacht, was wir uns erhofft haben: Ruhe reingebracht und die Jungs geführt“, urteilte Schwarz. „Die Art und Weise, wie wir gerade auswärts aufgetreten sind – weil es auch völlig zu Recht ein Thema war –, stimmt uns sehr zufrieden. Es ist ein guter Schritt. Dennoch wissen wir, dass wir einen langen Atem brauchen, was diesen Abstiegskampf betrifft. Heute haben wir ihn angenommen.“

Hertha verrichtete in Hälfte eins stabile Defensivarbeit, schloss die Räume und schenkte den Freiburgern auch keine Chancen durch Ballverluste oder fehlerhaften Einsatz von Armen, Händen und gestreckten Beinen. Einen Freistoß, den Vincenco Grifo aufs Tor zirkelte, erbeutete Torhüter Oliver Christensen. Die konzentrierte Abwehrarbeit ließ den Berlinern allerdings kaum Freiraum zur Offensiventfaltung. Bis auf eine veritable Kopfballchance von Dodi Lukebakio ging von Hertha keine Torgefahr aus.

Boateng beschrieb seine Aufgabe so: „Der Mannschaft in Ballbesitz helfen und sie gegen den Ball ordnen, die Jungs pushen.“ Seine Passquote betrug 84 Prozent. Nach 67 Minuten ging er vom Feld. Sehr viel mehr gibt sein Körper nach einem ausgedehnten Fußballerleben nicht mehr her. Das ist bei Hertha so akzeptiert. Bei Boateng auch, denn er bedankte sich nach der Partie, dass seine Nebenleute „die Wege gegangen sind, die ich vielleicht nicht mehr machen kann“.

Dass Boateng derjenige war, der Maximilian Eggestein kurz nach der Pause nur durch ein Foul stoppen konnte, hakten die Berliner unter Künstlerpech ab. Aus der Situation resultierte der Freistoß. Grifo verwertete ihn, leicht abgefälscht, vorbei an vielen Berliner Beinen, zur 1:0-Führung.

Boateng urteilte: „Die erste Halbzeit war vielleicht unsere beste auswärts – gegen den Ball und mit dem Ball.“ Rückstände zu kassieren, ist Hertha längst gewohnt. Und dieses Mal reagierte die Mannschaft so, wie ein Team im Abstiegskampf reagieren muss. Stürmisch. „Es war wichtig, ein Zeichen für uns selbst zu setzen, dass wir in der Lage sind, auch in Freiburg einen absolut verdienten Punkt mitzunehmen“, sagte Schwarz, der zwei weitere Angreifer brachte und zum Ende der Partie mit vier Stürmern attackieren ließ.

Einer davon war Jessic Ngankam, der sich, beflügelt von seinem ersten Tor im U21-Nationalteam, mit seinem kräftigen Körper gegen den Freiburger Jonathan Schmid durchsetzte – und für Hertha zum umjubelten 1:1 traf. Der Berliner sprach hinterher schmunzelnd von einem normalen Zweikampf, „wir spielen ja auch Fußball und kein Ballett. Wir sind im Abstiegskampf, da heißt es: Fighten, fighten, fighten!“

Freiburgs Trainer Christian Streich grummelte hingegen: „Wir lassen ein Gegentor zu, das so nie passieren darf. Das nervt mich wahnsinnig. Wir lassen den Sieg liegen. Das Ergebnis ist scheiße, das kotzt mich an.“

Boateng sprach von einer Fehlerkette vor dem 0:1, „aber wir haben nicht aufgesteckt und haben mit Brust raus weitergekämpft. Zusammenhalt, Kampf, einer war für den anderen da und wir hatten auch Spaß am Fußball – so soll es sein.“ Der Punkt, mit dem Hertha auf dem Relegationsplatz bleibt, sich aber besser aus der Affäre zog als Schalke und Stuttgart an diesem Wochenende, sei einer für die Moral, fügte Boateng an. Er hatte sich reingehängt, sein Kämpfergesicht gezeigt. Die Mannschaft war ihm gefolgt. Und so versprach er, sein Team werde genau dieses Gesicht in den kommenden acht Partien zeigen: „Wir haben noch acht Finals.“