Es ist nicht Aufgabe von Philipp Lahm gewesen, die Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland vor Ort zu verfolgen. Denn der Organisationschef der Europameisterschaft der Männer 2024 in Deutschland hat schließlich genug zu tun. Er hat kürzlich verraten, dass er bei einem Sommercamp seiner Stiftung bemerkt habe, wie die Kinder einmal mittags alle auf ihr Handy geschaut hätten. Sie wollten wissen, wie Deutschlands Frauen ihr drittes Gruppenspiel gegen Südkorea bestreiten – es ging bekanntlich nicht gut aus.
Frauen-Weltmeisterschaft lebt vom Aufstand der Außenseiter
Die Bruchlandung komplettierte das desaströse Bild deutscher Nationalteams, was Lahm fürs Heim-Event einige Sorge bereitet. Und doch ist der frühere Nationalmannschaftskapitän so klug gewesen, bei den Übertragungen vom anderen Ende der Welt genau hinzuschauen. Bei einem Turnier der Frauen, dass wie bei den Männern in Katar vom Aufstand der Außenseiter lebte; dass aber ansonsten den größtmöglichen Gegensatz bildete. Er sah sein Ideal: Menschen aus verschiedenen Kulturen treffen aufeinander, bereisen das Land, feiern zusammen, schauen Fußball. Diese simple Erfolgsformel anzuwenden, wird im überkommerzialisierten und überhöhten Betrieb der Männer immer schwieriger. Anerkennend stellte der OK-Chef in einer Kolumne fest: „Was wir in Australien und Neuseeland beobachtet haben, ist Sport im ursprünglich Sinne.“
Klar, jeder will auch bei den Frauen gewinnen, aber nicht um jeden Preis. Der Sportsgeist darf nicht mit Füßen getreten werden – das steht (noch) auf dem Index. Und das überträgt sich vom Rasen auf die Ränge. Oder umgekehrt? Die Rekordzahl von fast zwei Millionen Stadionbesuchern bildete ein von Männern, Frauen und Kindern durchmischtes Publikum, das dem Turnier einen fröhlichen, friedlichen Rahmen gab – und den Fußball bloß als verbindendes Ereignis zur guten Unterhaltung begriff. Dieses Alleinstellungsmerkmal sollte sich der Frauenfußball unbedingt bewahren, auch wenn er in vielen anderen Bereichen dem Männerfußball nacheifert.


