Fußball-Bundesliga

Historischer Moment: Union Berlin erstmals Tabellenführer!

Der 1. FC Union Berlin gewinnt hochverdient 1:0 in Köln – und zieht damit im Klassement an Freiburg vorbei.

Sheraldo Becker ist wieder mal maßgeblich an einem Erfolg der Unioner beteiligt.
Sheraldo Becker ist wieder mal maßgeblich an einem Erfolg der Unioner beteiligt.AFP/Kraft

Das 0:1 zum Auftakt der Europa League gegen Royale Union Saint-Gilloise war also tatsächlich nur ein Ausrutscher für den 1. FC Union Berlin. Anders lässt sich der Auftritt der Elf von Trainer Urs Fischer bei der Auswärtspartie in Köln wohl kaum deuten. So konzentriert und bissig wie gewohnt gingen die Eisernen am Sonntagnachmittag zu Werke, siegten verdientermaßen 1:0 (1:0) und haben in der Bundesliga 14 Punkte auf dem Konto. Was das zur Folge hat? Nun: Die Eisernen, bei denen Timo Baumgartl nach einer Hodenkrebserkrankung erstmals wieder im Kader stand, stehen im Klassement der höchsten deutschen Spielklasse ganz oben, sind nach sechs Spieltagen aufgrund der Tatsache, dass der SC Freiburg am Abend gegen Borussia Mönchengladbach nicht über ein 0:0 hinauskam, erstmals nach Abschluss eines Spieltags Tabellenführer der Bundesliga. Es darf also von einem historischen Moment gesprochen werden.

„Was mich vor allem freut, wenn ich auf die Tabelle schaue, sind die 14 Punkte. Wir waren von Beginn weg bereit für die Aufgabe und haben es am Ende gut runtergespielt. Ich glaube, es war ein verdienter Sieg“, sagte Fischer. 

Am Vorabend der Partie im Rhein-Energie-Stadion hatte Oliver Ruhnert als Gast im „Aktuellen Sportstudio“ in Bezug auf Max Kruse noch zum Besten gegeben, dass die Unioner bei bestimmten Spielen einen kreativen Geist wie Kruse immer noch gut gebrauchen könnten. Der Geschäftsführer Profifußball, so Ruhnerts Berufsbezeichnung, führte das zum Einstieg bereits erwähnte 0:1 gegen Saint-Gilloise vom vergangenen Donnerstag als Beispiel an. 

Keeper Lennart Grill ist gut positioniert

Kruse, der von Sommer 2020 bis Januar 2022 ein Eiserner war, hätte im Duell mit den sperrigen Belgiern mit seinen Ideen sicher etwas bewegen können, so Unions Erfolgsmanager. Aber der ehemalige Nationalspieler, der seit Sonnabend bei seinem neuen Klub VfL Wolfsburg den Stempel „suspendiert“ trägt, ist in Köpenick nun mal Vergangenheit, was wohl auch Ruhnert aufgrund der fetten Ablösesumme, die man für den 34-Jährigen eingestrichen hat, aber auch aufgrund von Kruses Hang zum Unruhestiften nicht wirklich bedauert.

Es war ja auch so, dass Fischer in Köln wieder auf den so klasse in die Saison gestarteten Jordan Siebatcheu zurückgreifen konnte, damit auch Sheraldo Becker seinen Lieblingssturmkollegen an seiner Seite hatte. Und siehe da: Nach vier Minuten gingen die Unioner nach einer ersten gemeinsamen Aktion der beiden in Führung.

Nach einem weiten Abschlag von Keeper Lennart Grill, der den angeschlagenen Frederik Rönnow vertrat, machte Siebatcheu tief in der Kölner Hälfte den Ball fest, passte durch die Beine eines Gegenspielers auf Becker, der sich im gegnerischen Strafraum sogleich an einem Querpass vors Tor auf den mitgelaufenen Andras Schäfer versuchte. Dank des Kölners Timo Hübers, der blocken wollte, den Ball Richtung eigenes Tor abfälschte, durfte sich Becker schließlich als erfolgreicher Torschütze feiern lassen, wenngleich das Tor korrekterweise Hübers als Eigentor angelastet wurde.  

Siebatcheu verschießt einen Handelfmeter

Klar, dass die Gastgeber sich sogleich an einer Antwort versuchten. Gegen Unioner, die an diesem Nachmittag wieder ihre bekannten Qualitäten einzubringen wussten, war das aber nicht so einfach. Die Elf von Steffen Baumgart konnte hingegen eher von Glück sprechen, dass es nach 30 Minuten nicht schon 0:2 oder gar 0:3 hieß.

Siebatcheu hatte nämlich bereits in der neunten Minute, nachdem Luca Kilian nach einem Eckstoß von Christopher Trimmel den Kopfball von Robin Knoche mit dem Ellbogen abgewehrt hatte, sogleich die Chance, per Handelfmeter noch einen draufzusetzen. Der Schuss des Franzosen war aber zu unplatziert und zu schwach, sodass Kölns Keeper Marvin Schwäbe parieren konnte. Und Becker stand in der 14. Minute, wie Schiedsrichter Benjamin Cortus erst nach Studium der Videobilder erkannte, tatsächlich nur ein paar Zentimeter im Abseits, als er aus spitzem Winkel auf gekonnte Art und Weise den Ball ins Tor jagte.

Wie bereits erwähnt, hütete nicht Rönnow, sondern Grill dieses Mal das Tor der Eisernen. Und der 23-Jährige tat dies auf eindrucksvolle Weise. Schon in der ersten Hälfte stand er bei zwei Schüssen der Kölner aus der Halbposition genau richtig, um im Fliegen die eigenen Fäuste an den Ball zu bekommen, gewann dadurch auch beim Passspiel weiter an Sicherheit. Zu Beginn der zweiten Hälfte, in der 47. Minute, bot er Kölns Linton Maina im Eins-gegen-Eins erfolgreich die Stirn, konnte per Fußabwehr klären, nachdem sich in der Defensive der Unioner ausnahmsweise mal eine Lücke aufgetan und Diogo Leite das Laufduell gegen Maina verloren hatte. 

Die Fünferkette lässt kaum etwas zu

Grill profitierte in der Folge davon, dass die vor ihm gekonnt hin- und herwandernde Fünferkette inklusive des zentralen Mittelfeldspielers Rani Khedira kaum noch etwas zuließ. Ein paar Flanken schlugen die Gastgeber noch, die er wahlweise fing oder mit der rechten Faust aus der Gefahrenzone boxte.

Ansonsten war da nicht viel, was Fischer, der noch einen Pfostentreffer von Trimmel zu sehen bekam (58.), einerseits erfreute, andererseits Baumgart leise verzweifeln ließ. In der Schlussphase, nachdem Kilian in der 81. Minute infolge eines Fouls an Schäfer die Gelb-Rote Karte gesehen hatte, gaben die Eisernen schließlich ein Beispiel, wie man in Überzahl sicher ein 1:0 nach Hause bringt.