Kurz vor 13 Uhr wird es in Halle 22 des Messegeländes noch einmal laut. Basketballer aus Griechenland und Uganda, die sich eben noch als Gegner auf einem der beiden Felder in dieser Halle gegenübergestanden haben, verabschieden sich von den Zuschauern, die sie zuvor von der Tribüne unterstützt und jeden Punkt bejubelt haben. Dass die Griechen dieses Klassifizierungsspiel der Weltspiele bei den Special Olympics verloren haben, spielt eine untergeordnete Rolle. Es geht in den Tagen der Weltspiele von Berlin nicht um Sieger und Verlierer, die Spieler beider Teams sind nach Ablauf der Spielzeit Gewinner und haben ihre Spiele für heute beendet. Auch für Moritz Wieczorek (24) und Ulrike Vollrath (41) endet ein Tag, der für sie um 7.45 Uhr begonnen und viele Erlebnisse mit sich gebracht hat.
Fast alle Schüler und Lehrer sind als Volunteers im Einsatz
Beide befinden sich an der der Beruflichen Schule für Sozialwesen Pankow in Ausbildung zum Heilpädagogen und sind mit dieser Schule am Montag und Dienstag als Volunteers beim Basketball im Einsatz gewesen. Ihre Mitschüler, von denen manche sogar Urlaub genommen haben, befinden sich beim Volleyball, Badminton, Catering, Judo und im wettbewerbsfreien Angebot für Kinder zwischen zwei und sieben Jahren oder für Ältere, die nicht an den Wettbewerben der Weltspiele teilnehmen. „Bis auf einige Ausnahmen, nämlich diejenigen, die sich nicht richtig oder sich zu spät angemeldet haben, sind wir alle, so ungefähr 700 Leute, hier angemeldet“, erzählt Erdmuthe Koppe.
Schulfrei, so die Leiterin der Gruppe Special Olympics, habe es als Anreiz nicht gebraucht. „Der Semesterplan wurde so gelegt, dass alle dabei sein können – Lehrer, Schüler und Studierende. Wir fanden es wichtig, dass Lehrer und Schüler das zugleich machen“, erzählt sie. „Ich bin zwar jetzt in der Organisation, aber ansonsten sind wir genauso Volunteers wie die Schüler und haben keine Lehrerposition. Das ist auch wichtig. Wir stehen genauso am Spielfeldrand und tun alles, was getan werden muss.“

Und die Aufgabenfelder an einem Tag in Halle 22 sind vielschichtig. „Wir haben verschiedene Aufgabenbereiche, einige haben die Sportlerteams durch den Tag komplett begleitet und sie von Court zu Court gebracht. Andere Leute haben die Organisation mit übernommen, manche haben das Spiel protokolliert, das Staging, also die Betreuung an den Feldern, ist eine Aufgabe – es ist groß- und vielfältig“, erzählt Wieczorek, der eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger abgeschlossen hat. Vollrath, die eine Erstausbildung zur Erzieherin abgeschlossen hat, verbrachte ihren ersten Tag bei den Spielen der Unified-Teams, in den geistig oder mehrfach Behinderte mit Nichtbehinderten in einem Team spielen. Dabei „war es für mich unglaublich zu sehen, dass man einfach Freude daran hat, ein Spiel gemeinsam gegeneinander zu spielen. Das war sehr eindrucksvoll“, sagt die 41-Jährige.
Über ihre Einsatzzeit hinweg begleitete sie die Luxemburger Mannschaft, führte sie auf die Tribüne, holte Getränke und achtete immer genau darauf, wann die Gäste aus Luxemburg wieder spielen mussten. Und ganz nebenbei musste sie sich an ihrem ersten Tag selbst erst einmal um ungewohnten Arbeitsort orientieren. Sehr entspannt, superfreundlich und aufgeschlossen seien die Sportler gewesen. Vor allem aber „sind die Menschen hier echt, hier ist jeder, wie er ist“, sagt sie.
Die Freude über einen erfolgreichen Korb in jedem Spiel ist riesig, alle Mitspieler freuen sich miteinander und diese Freude springt auf das Publikum, in dem sich auch viele Angehörige befinden, über. „Das gehört zum Geist von Special Olympics“, sagt Koppe. Auch wenn es nach dem eingangs beschriebenen Spiel keine Verlierer zu geben scheint, „geht aber am Ende schon ums Gewinnen, das sollte man nicht unterschätzen“, sagt die Leiterin der Gruppe Special Olympics ihrer Schule. „Bei den Finals fließen schon auch Tränen.“
Dennoch stehe das gemeinsame Spielen gerade in den Klassifizierungsrunden der ersten Tage, in denen in den Spielen die sportliche Leistungsfähigkeit aller teilnehmenden Mannschaften ermittelt wird und diese dann nach ihren Stärken in finale Gruppen zugeteilt werden, im Vordergrund. Insgesamt aber seien die Weltspiele „für unsere Schüler eine ganz wichtige Erfahrung. Sport ist ja ein Element, das Gemeinschaft schafft und das in die Alltagsarbeit gehört“, sagt Koppe.

Außerhalb der Messehalle 22 hat Wieczorek bereits berufliche Erfahrungen mit geistig und mehrfach behinderten Menschen gemacht. Deshalb „finde ich die Atmosphäre und das Spielen weniger überraschend als mehr bestätigend“, erzählt der 24-Jährige. „Wenn wir über Menschen mit Behinderung reden, gibt es immer noch sehr viele Rollenklischees, wodurch diese Menschen im Alltag über- oder gar nicht gesehen werden.“
Die Weltspiele zeigen, dass Inklusion auch in anderen Ländern funktioniert
Er finde es sehr schön, dass Menschen aus aller Welt in Berlin sind, sich außerhalb der Wettkampfstätten durch die Stadt bewegen und Teil des Lebens sind. „Und wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, zeigen sie auch, was sie können. Das ist das, was diese Veranstaltung zeigt, und es freut mich, dass auch in anderen Teilen der Welt Menschen mit Behinderung Stück für Stück weiter gefördert werden“, erzählt Wieczorek, bevor er und Vollrath sich so langsam auf den Heimweg machen.



