Über Transfers des 1. FC Union Berlin darf man sich eigentlich nicht mehr wundern. Es gab in den vergangenen Jahren zu viele Spieler, die aus dem fußballerischen Nirvana kamen, in Köpenick aufgepäppelt wurden und mittlerweile Bestandteil einer Mannschaft sind, die sich anschickt, in der kommenden Saison möglicherweise in der Champions League zu spielen.
Beim VfL Wolfsburg hatte Jérome Roussillon lediglich 19 Minuten gespielt
Vor etwas mehr als drei Monaten war es mal wieder so weit für einen solchen Transfer der Marke Union Berlin. Da verkündeten die Eisernen, dass sie Jérome Roussillon von Ligakonkurrent VfL Wolfsburg verpflichten würden. Zahlreiche Anhänger rieben sich verwundert die Augen. Ein Zugang also, der bei seinem ehemaligen Verein in der laufenden Saison auf ganze 19 Minuten an Einsatzzeit gekommen war?
„Die Idee war, dass wir jemanden bekommen, der uns zwar sofort hilft, aber auch über das Saisonende hinaus zur Verfügung steht“, erklärte Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Profifußball, seine Gedankengänge einige Wochen später. „Jérome Roussillon hat uns im Grunde keine Ablöse gekostet, spricht Deutsch und hat Bundesliga-Erfahrung. Bei uns war es häufig so, dass wir Spieler geholt haben, wo wir das Potenzial trotz weniger Spielzeit bei einem anderen Verein gesehen haben.“
Und damit war auch schon alles gesagt. Der gebürtige Franzose wurde von Trainer Urs Fischer auf Anhieb berücksichtigt und überholte Niko Gießelmann, mit dem er um den Platz auf der linken Seite konkurriert, im Eiltempo. Im Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach zeigte er nun, was neben seinen Defensivqualitäten auch offensiv in ihm steckt. Das sehenswerte Siegtor von Sheraldo Becker war nur möglich, weil Roussillon ihn nicht weniger sehenswert mit einer perfekten Flanke bediente.
„Er hat ein ziemlich feines Füßchen bewiesen“, lobte Rani Khedira, der den wieder einmal nicht zur Startelf gehörenden Christopher Trimmel als Kapitän vertrat, seinen Mitspieler nach Schlusspfiff. Wohlwissend, dass Roussillon genau solche Bälle aus dem Effeff beherrscht. Schon Anfang April beim 3:0-Heimsieg gegen den VfB Stuttgart hatte er Becker dessen Treffer mustergültig aufgelegt. Seinerzeit hatte der Top-Stürmer der Köpenicker dadurch seine 16 Partien anhaltende Torflaute beendet.
Dass Jérome Roussillon ein exzellenter Bundesliga-Spieler sein kann, hatte er damals schon in seiner ersten Saison in Deutschland unter Beweis gestellt. Für den VfL Wolfsburg bereitete er 2018/19 als Außenverteidiger sieben Tore vor, erzielte drei weitere selbst. Danach lief es für ihn nicht immer ganz optimal, im Spätsommer des vergangenen Jahres setzten ihn hartnäckige Achillessehnenprobleme über viele Wochen außer Gefecht und kosteten ihn beim VfL eine etwas größere sportliche Rolle. Damit aber wurde er zur perfekten Ruhnert-Beute.


