Union-Stürmer auf dem Fahrrad

Der Hype um das Behrens-Foto zeigt, wie kaputt der Profifußball ist

Ein Bundesliga-Stürmer fährt mit dem Fahrrad nach Hause und die Leute drehen durch. Das zeigt, wie weit sich der Profifußball vom normalen Leben entfernt hat. Ein Kommentar.

Kevin Behrens traf gegen Mainz 05 dreimal per Kopf. Nach dem Spiel leistete er dann auch noch Beinarbeit.
Kevin Behrens traf gegen Mainz 05 dreimal per Kopf. Nach dem Spiel leistete er dann auch noch Beinarbeit.Markus Schreiber/AP

Haben Sie das mit Neymar gelesen? Der brasilianische Starspieler, der gerade von Paris Saint-Germain zu Al-Hilal nach Saudi-Arabien gewechselt ist, flog Ende der vergangenen Woche mit einem privaten Luxusflieger in den Wüstenstaat. Highlight seines Reisegefährts: ein frei stehender Thron, überzogen mit goldenem Leder.

Ein paar Tage später erzielte Kevin Behrens, von Beruf ebenfalls Fußballer, drei Tore in einem Bundesliga-Spiel und fuhr anschließend mit dem Fahrrad nach Hause. Behrens spielt nicht in Saudi-Arabien, sondern beim 1. FC Union Berlin und wohnt knapp fünf Kilometer vom Stadion an der Alten Försterei entfernt. Grob geschätzte Fahrtzeit: 17 Minuten.

Sein Verein, besser gesagt die Social-Media-Abteilung, teilte ein Foto von Behrens’ kleiner Radtour anschließend auf Twitter. „Drei Buden und mit dem Fahrrad nach Hause: Kevin Behrens“ stand darüber.

In einigen Kommentaren feierten ihn unter dem Ursprungs-Tweet zahlreiche Nutzer, diverse Medien machten das Bild Anfang der Woche zum Thema eigener Artikel. Tenor: Der herrlich normale Fußballprofi, der noch mit dem Fahrrad fährt.

Zum Verständnis: Kevin Behrens IST herrlich normal, Spaßvogel in der Kabine, höflich im Umgang. Einer, der sich auf das ganze Profidasein nicht unangenehm viel einbildet. Als einige seiner Mitspieler sich im Sommerurlaub noch die Sonne auf den Pelz scheinen ließen, war er schon wieder in Berlin im Fitnessstudio unterwegs. All das in Summe ist uneingeschränkt sympathisch! Aber doch nicht, weil er es schafft, an einem schönen Sommertag fünf Kilometer mit dem Fahrrad von der Arbeit nach Hause zu radeln.

Der auf unangenehme Art und Weise entstandene Hype gipfelte darin, dass er am Montagabend bei einer Preisverleihung von mehreren Journalisten darauf angesprochen wurde. Behrens erzählte also, dass er das nach dem Training oder den Spielen öfter mal mache. „Von daher muss ich natürlich darüber schmunzeln, dass nach einem Dreierpack und einem guten Spiel daraus so eine Welle gemacht wird.“

Wahrscheinlich sind wir mittlerweile alle ein wenig zu sehr daran gewöhnt, dass ein Profifußballer beim neuen Verein mit dem Privatjet und dazugehörigem Getose aufschlägt (Nein, Neymar hätte nicht von Paris mit dem Fahrrad nach Saudi-Arabien fahren sollen), und deswegen so hellhörig bei einem gesunden 32-jährigen Sportler, der sich nicht im Lamborghini, sondern auf dem Drahtesel fortbewegt. Ein wenig mehr Einordnung und in erster Linie Umweltbewusstsein würden der ganzen Thematik aber sicher guttun.