Viel Zeit, sich mit negativen Gedanken rund um das enttäuschende 1:1 gegen den VfL Bochum zu beschäftigen, hatten die Fans des 1. FC Union Berlin in dieser Woche nicht. Hauptgrund: Am Montag verkündete der Verein die Vertragsverlängerung mit Vize-Kapitän Rani Khedira. Der 29-jährige Mittelfeldspieler wird ab Sommer in seine dritte Saison in Köpenick gehen. Man kann davon ausgehen, dass der neue Vertrag mindestens zwei Jahre Gültigkeit hat.
„Ich möchte den nächsten Schritt mit Union gehen. Die Entwicklung des Vereins ist in den letzten Jahren sensationell verlaufen und ich möchte auch weiterhin ein Teil davon sein“, konkretisierte Khedira in einer Medienrunde am Mittwoch, warum er auch weiterhin im Stadion An der Alten Försterei auflaufen wird.
Dabei geht es für Khedira in seinem genannten „nächsten Schritt“ nicht um die Qualifikation für die Champions League, sondern den langfristigen Plan, sich mit dem Verein in der Fußball-Bundesliga zu etablieren. „Dafür“, sagt er, „sind die Menschen hier sehr, sehr dankbar.“ Außerdem, daraus macht er keinen Hehl, sind genau diese Menschen und die Stimmung, die sie Woche für Woche im Stadion verbreiten, ein weiterer ausschlaggebender Punkt: „Immer, wenn ich Besuch von Freunden aus der Heimat bekomme, schreiben sie mir noch Tage später, wenn sie wieder aus Berlin abgereist sind, wie toll das Stadionerlebnis hier war. Das ist einfach sehr besonders.“
Der jüngere Bruder von Weltmeister Sami ist im System von Trainer Urs Fischer eine feste Größe. Vor der Abwehr hat er als alleiniger Sechser einen nahezu unangefochtenen Stammplatz. Khedira ist, gerade weil Kapitän Christopher Trimmel in Konkurrenz zu Winterzugang Josip Juranovic immer öfter auf der Bank Platz nehmen muss, auf dem Spielfeld erster Ansprechpartner des Schweizer Trainers.
Selbstverständlich war sein Verbleib aber keineswegs. Khedira hatte andere Anfragen, die auch finanziell lukrativer gewesen wären. Doch an Union hängt mittlerweile sein Herz. Dabei wäre doch jetzt, mit 29 Jahren, auch die Zeit gekommen, den Sprung ins Ausland zu wagen. Oder etwa nicht?
„Ich habe es bei meinem Bruder gesehen, der damals schon mit 23 Jahren zu Real Madrid gegangen ist. Das tut etwas für die Persönlichkeitsentwicklung. Eine neue Sprache zu lernen, ist auch nicht so verkehrt. Daher spielt es unterbewusst vielleicht noch eine Rolle, aber ich hätte auch nichts dagegen, bei Union meine Karriere zu beenden.“
So erfahren Khedira mittlerweile in der Bundesliga ist, in der Champions League hat auch er noch nicht gespielt. Die Chance, die Königsklasse in diesem Jahr mit Union Berlin zu erreichen, ist so groß, wie vielleicht niemals wieder. „Wir müssen realistisch und cool bleiben. Wenn wir am Ende Fünfter werden, war das trotzdem eine herausragende Saison. Wir dürfen an diese Chance nicht mit der Denkweise herangehen, dass wir etwas zu verlieren haben, können stattdessen nur gewinnen.“
Am Sonntag (19.30 Uhr) führt das erste von sechs Endspielen um den internationalen Wettbewerb Khedira und Co. zu Borussia Mönchengladbach. „Die haben eine brutale Qualität. Das haben sie in dieser Saison schon gezeigt, als sie Bayern oder Dortmund geschlagen haben“, hat der gebürtige Stuttgarter Respekt vor dem Gegner. „Wenn du sie ins Rollen kommen lässt, wird es dort für jeden Gegner unheimlich schwierig.“


