Timo Baumgartl betrat den Pressekonferenzraum des 1. FC Union Berlin am Dienstagnachmittag tiefenentspannt. Zu diesem Zeitpunkt war der Wechsel von Julian Ryerson noch nicht offiziell, dennoch so gut wie sicher, weshalb der Innenverteidiger auch zu seinem (mittlerweile ehemaligen) Mannschaftskollegen befragt wurde.
Timo Baumgartl über seine Gedanken zum Ryerson-Abgang: „Wenn er weg sein sollte, ist das ein Verlust für die Mannschaft. Er ist den Weg mit Union gegangen, stetig gewachsen. Deshalb freut es mich für ihn, dass er den nächsten Schritt macht. Wenn ein Team erfolgreich spielt – so wie Union in den letzten Jahren – dann weckt das mehr Begehrlichkeiten. Das ist absolut normal.“
... darüber, ob es ein Thema innerhalb der Mannschaft ist, dass sich viele Abgänge wie Max Kruse, Marvin Friedrich oder Robert Andrich sportlich verschlechtert haben? „Es ist kein Thema. In erster Linie freut man sich einfach für Spieler, wenn sie den nächsten Schritt machen können. Es kann ja auch keiner wissen, dass beispielsweise Leverkusen dieses Jahr solche Probleme hat. Sie sind normalerweise in der Champions League vertreten und das auch regelmäßig. Deshalb kann man sagen, das ist ein gewachsenes Umfeld. Leverkusen gehört für mich zu den Top-Fünf, -Sechs Mannschaften in Deutschland. Gladbach ist das gleiche. Normalerweise ein internationaler Aspirant. Deshalb ist es in der Bundesliga immer schwer zu sagen, ich wechsele zu dem Verein und der ist gleich erfolgreich. Das ist nicht gegeben.“
... über verlockende wirtschaftliche Angebote: „Das Finanzielle spielt nicht für jeden im Vordergrund eine Rolle. Jeder normale Arbeitnehmer würde sich überlegen, ob er den Job wechselt, wenn es ein deutlich höheres Gehalt gibt. Das ist legitim und das ist auch im Fußball so. Es gibt natürlich die Ausnahmen von der Regel. Im Endeffekt ist es immer noch ein Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis. Natürlich kommt man in einen Verein rein und identifiziert sich mit dem Verein und freut sich, hier zu sein. Aber jedes Kapitel endet auch irgendwann. Deshalb gönnt man es den Jungs auch.“

Timo Baumgartl über Transfersituation: „Im April mal zusammensetzen“
... über die PSV Eindhoven und seinen Vertrag beim niederländischen Spitzenklub, der bis zum 30. Juni 2024 läuft: „Ich gucke die Spiele von der PSV immer noch sehr gerne. Auch von Ajax, Feyenoord. Das verfolge ich intensiv. Leider ist mein Verein gerade nicht so erfolgreich und bloß Vierter. Wie es im Sommer weitergeht, spielt in meinen Gedanken noch keine Rolle. Ich habe im letzten Jahr gemerkt, dass Pläne, die man sich macht, relativ schnell über den Haufen geworfen werden können. Deshalb ist es für mich – vor allem nach der Erkrankung – wichtig, den Moment zu genießen. Ich bin jetzt bei Union, weiß nicht, was im Sommer passiert. Da wird man sich dann irgendwann im April mal zusammensetzen. Da ist von meiner Seite kein Druck.“
... über seine Pläne für die kommenden Wochen: „Für mich ist es wichtig, Rhythmus zu bekommen. Den kriegt man über Spiele, auch über Trainingseinheiten. Aber so eine Vorbereitung kann man einfach nicht ersetzen. Ich hatte im Sommer keine. Da war ich leider im Krankenhaus, deshalb hatte ich ein bisschen was anderes zu tun. Jetzt war ich einfach froh, dass ich eine komplette Vorbereitung verletzungsfrei mitmachen konnte. Das ist sehr, sehr wichtig für mich, um zu alter Stärke zu kommen.“

Timo Baumgartl über lange Wintervorbereitung: „Das ist nichts Normales“
... darüber, dass es nun endlich wieder losgeht: „Erst einmal sind wir froh, dass die Vorbereitung vorbei ist. Das ist auch nichts Normales, dass man acht Wochen Wintervorbereitung hat, um sich vorzubereiten. Wir haben viel an unserem Spiel mit dem Ball gefeilt, darauf bedacht, wie wir aus dem Druck rausspielen, wie wir uns auch spielerisch weiterentwickeln können. Das ist ein Punkt, den man von der Hinrunde mitnehmen kann. Dass wir uns da auf jeden Fall noch weiterentwickeln müssen, um gegen tiefer stehende Mannschaften zum Erfolg zu kommen. Nichtsdestotrotz haben wir auch an unseren Stärken gearbeitet. Das Verteidigen, das Kollektiv, wie es arbeitet. Wenn wir die beiden Punkte zusammenfügen, kann es eine erfolgreiche Rückrunde werden.“
... darüber, dass gegen den MSK Zilina noch nicht alles rundgelaufen ist: „Das ist ein ganz normaler Prozess. Man kommt aus einer Vorbereitung, acht Wochen Training, die Beine sind schwer. Dass da im letzten Testspiel nicht alles klappt, ist völlig normal. Da sind wir auch erfahren genug, dass man das einschätzen kann.“
... über ein nachhaltig im Gedächtnis gebliebenes Ereignis: „Ich glaube, dann sind wir auch alle bereit für das Spiel am Samstag. Wie es so schön heißt: Vorbereitungsspiele darf man nicht überbewerten. Ich habe mit Stuttgart mal das letzte Vorbereitungsspiel gegen Manchester City mit 4:2 gewonnen und wir sind abgestiegen.“

Timo Baumgartl über TSG Hoffenheim: „Ihnen auf die Nerven gehen“
... über den Kräfteverschleiß am Ende der Vorrunde: „Ich glaube, das ging am Ende jeder Mannschaft so, dass – wenn man international spielt – da irgendwann die Kräfte ausgehen. Da spielt auch der Kopf eine Rolle, wenn man alle drei Tage spielt. Ein paar Spieler haben schon gesagt, körperlich kann man das hinbekommen, mental wird es dann irgendwann happig. Aber durch die Pause sind wir gut vorbereitet für die nächsten fünf Wochen. Wir haben auch in der Hinrunde gezeigt, dass wir das können und ich bin fest überzeugt, dass wir das als Mannschaft hinbekommen. Dass wir eine Performance in allen drei Wettbewerben haben, denn wir haben Ziele in allen Wettbewerben.“
... über den kommenden Gegner, die TSG 1899 Hoffenheim: „Bis jetzt haben wir noch keine Analyse vom Gegner gemacht. Aber jeder weiß, was Hoffenheim draufhat, dass es eine sehr spielstarke Mannschaft ist. Dass sie sehr viel individuelle Qualität hat, aber auch ihre Probleme hat, wenn wir unser Spiel durchbringen. Das wissen wir auch. Von daher glaube ich, es wird ein Spiel auf Augenhöhe. Wir haben es letztes Jahr gezeigt, dass wir Hoffenheim hier schlagen können. Unsere Chance liegt darin, dass wir ihnen auf die Nerven gehen.“
... über die regelmäßigen Wechsel von Urs Fischer in der Innenverteidigung: „Das ist eine Philosophie vom Trainer. Das ist nicht ungewöhnlich, dass man auf Positionen rotiert. Ich habe es schon in anderen Vereinen erlebt, dass, wenn man so oft spielt und so viele Englische Wochen hat, dass die Spieler irgendwann rotiert werden müssen. Das trifft hier auf fast jeden Spieler zu.“

Timo Baumgartl: „Immer interessiert, was im Kopf von Menschen vorgeht“
... über sein Psychologie-Studium mit doppelter Regelstudienzeit im neunten von zwölf Semestern an der Fern-Uni Hagen: „Tatsächlich bereite ich mich gerade auf eine Prüfung vor, die Ende Februar ansteht. Ich hoffe, dass ich dann in den nächsten zwei Jahren fertig bin mit dem Bachelor. Es ist eine Open-Book-Klausur, man hat ein Zeitlimit und man kann von überall schreiben. Wenn man im Flugzeug sitzt, kann man sich ein bisschen was anschauen und ich kriege das eigentlich immer gut in den Tag untergebracht. Jedes Semester endet mit einer Prüfung und dann hat man ein Modul abgeschlossen.“


