Kolumne 1. FC Union

Auf Kosten des 1. FC Union Berlin: Dummenfang auf niedrigem Niveau

Fair Play ist ein hohes Gut, gerade in der Saison-Endphase. Das haben die Eisernen jüngst in Dortmund ziemlich subtil ein wenig anders erlebt.

Clevere Aktion oder Unsportlichkeit? In jedem Fall hatte sich Borussia Dortmunds Emre Can in der Schlussphase seine Gelbe Karte verdient.
Clevere Aktion oder Unsportlichkeit? In jedem Fall hatte sich Borussia Dortmunds Emre Can in der Schlussphase seine Gelbe Karte verdient.Sven Simon/Imago

Seit Jahren findet ein von Heinz Werner, 87-jährige Trainerlegende des 1. FC Union, organisierter Stammtisch statt. Mit dabei neben ehemaligen Trainerkollegen wie Eckhard Düwiger und Werner „Pico“ Vogt sind die ehemaligen Nationalspieler Manfred Zapf und Lothar Kurbjuweit. Zapf führte den 1. FC Magdeburg 1974 zum Triumph im Europapokal der Pokalsieger und betreute die DDR-Nationalelf. Kurbjuweit war 1974 WM-Teilnehmer und 1976 Olympiasieger. Joachim Franke, langjähriger Erfolgstrainer von Eisschnelllauf-Ikone Claudia Pechstein, ist ebenfalls Stammgast. Wie auch Siegfried Kirschen, Weltklasse-Schiedsrichter von einst, bei zwei WM-Turnieren im Einsatz und in der vorigen Woche für seine 28-jährige Präsidentschaft im Landesverband Brandenburg mit dem Kristall-Fußball 2022 ausgezeichnet. Häufiges Thema in dieser Runde: Fair Play.

Fair Play muss auch im Fußball sein

Aus diesem Kompetenz-Team bestreitet niemand, dass Fußball ein Sport ist, bei dem auch mal die Fetzen fliegen. Zugleich ist die Sehnsucht groß nach Bodenhaftung, Ehrlichkeit, ja Größe, sportlicher wie menschlicher. Allen ist klar, dass die schönste Nebensache der Welt ein körperbetontes Spiel ist. Auch wenn die Regeln hin und wieder ein wenig gedehnt werden, der eine Schiri ein Auge zudrückt und der andere zwei, so ist doch eines klar: Fair Play muss sein!

Nicht jeder wird deshalb ein Gary Lineker. Der Vorzeigestürmer ist in 16 Jahren bei Leicester City, dem FC Everton, dem FC Barcelona, Tottenham Hotspur und in 80 Länderspielen für England weder verwarnt und schon gar nicht vom Platz gestellt worden. Ein Angreifer seines Typs ähnelt eher einer Pablo-Picasso-Friedenstaube. Dabei hatte es Lineker häufig mit Haudraufs zu tun, bei deren Grätschen nicht nur Rasenbüschel flogen, sondern auch er.

Das schon kann ziemlich böse sein. Viel schlimmer jedoch sind solche, die den eigenen Vorteil mit betrügerischen Mitteln suchen. Was wäre der große Diego Armando Maradona für ein Denkmal geworden, hätte er sich nicht hinter der „Hand Gottes“ versteckt, sondern hätte zugegeben, dass seine Hand vom Teufel geführt worden war. Die Versuchung, wie Maradona auf Dummenfang zu gehen, muss verflucht groß sein. Gabriel Torres hat es für Panama ähnlich gemacht. Er erzielte ein Tor, das keines war, mit dem Panama 2018 jedoch die WM-Endrunde erreichte.

Auch in der Bundesliga gibt es diese Beispiele. Thomas Helmer, damals bei den Bayern, hat seine Chance, ein Fair-Play-Vorbild zu werden, 1994 bei einem Phantomtor gegen Nürnberg so grandios verpasst wie 2013 Stefan Kießling für Leverkusen in Sinsheim. Dabei hat Kießling das beste Beispiel in seinen eigenen Reihen. Als 1981 Arne Larsen Ökland gegen die Bayern ein Phantomtor erzielt hatte und der Ball bereits auf dem Anstoßpunkt lag, half er dem Schiri. Es gab Abstoß und für den Norweger vom Fußball-Weltverband die Fair-Play-Plakette.

Spieler von Borussia Dortmund mit unschönen Aktionen am Ende des Spiels

In Zeiten von Torlinientechnik und Videoassistenten sind Phantomtore passé. Mit dem Fair Play bleibt es jedoch so eine Sache. Die Mittel werden immer subtiler. So passiert, da kommt der 1. FC Union zurück ins Spiel, beim 1:2 jüngst in Dortmund. Als die Eisernen auf den Ausgleich drängten, halfen sich die Schwarz-Gelben durch Dinge, mit denen sie im Handball und anderswo geächtet würden: beim Freistoß für den Gegner „aus Versehen“ den Ball blockieren; ihn, wenn nur wenige Meter, wegtippen; den Schiedsrichter in ein dämliches Wortgefecht ziehen … Drei der fünf BVB-Verwarnungen hat es dafür allein ab Minute 90 für Marco Reus, Emre Can und Jamie Bynoe-Gittens gegeben. Manche nennen das clever, andere, das trifft es viel eher, sehen darin den hässlichsten Aspekt des eigentlich schönen Spiels.

Was bezüglich eigener Sperren auch immer noch passieren mag in dieser Saison: Leute, gebt alles, aber haltet andere nicht für dumm, eure Anständigkeit dafür aber möglichst in Ehren.