Es riecht nach Erbrochenem. Nicht, dass das an einem Berliner U-Bahnhof eine absolute Seltenheit wäre, doch nach einem sehr ruhigen Neujahrstag in der Hauptstadt – die meisten schlafen da sicher noch die Nachwirkungen der Silvesternacht aus – trifft mich der raue Alltag ziemlich unvorbereitet. Der Mann, der Silvester offenbar um 24 Stunden verlängert hat, übergibt sich an der Bahnsteigkante noch ein zweites Mal. Genauer schaue ich nicht hin, bevor ich an meinem ersten Arbeitstag für die Berliner Zeitung meine Reise fortsetze.
Ziel ist das spanische Campoamor. Dort, knapp 80 Kilometer südlich von Alicante, bereitet sich die Lizenzspielermannschaft des 1. FC Union Berlin auf die zweite Saisonhälfte in der Fußball-Bundesliga vor. Trainer Urs Fischer will sein Team nach einem eher enttäuschenden Jahresausklang mit nur einem Punkt aus drei Liga-Spielen wieder in die Erfolgsspur führen.
Für meinen Kollegen Stefan Bröhl und mich führt der Weg ins kleine Dorf der Liebe über eine mehr als vierstündige Zugfahrt zum Airport Köln/Bonn und den knapp dreistündigen Flug nach Alicante. Schnell noch einen Mietwagen geschnappt und weitere 50 Minuten später – es ist 18.28 Uhr und wir seit zwölf Stunden auf den Beinen – am Ziel angekommen. In dem Resort, in dem sich vor allem in den noch wärmeren Monaten viele Golf-Liebhaber tummeln, sind wir in den nächsten Tagen in einer Airbnb-Wohnung untergebracht.
Trainingslager unter einem guten Stern
Unser Gastgeber Jan heißt uns willkommen. Er ist Belgier, spricht aber auch einige Brocken Deutsch. Union Berlin? Davon hat er noch nie gehört. Der 1. FC Kaiserslautern und die TSG Hoffenheim hätten hier schon trainiert, aber an den Verein aus Ost-Berlin kann Jan sich nicht erinnern. Dabei steht der Aufenthalt von Union in Campoamor unter einem wirklich guten Stern.
Schon vor der Corona-Zwangspause 2020 bereitete sich die Mannschaft, seinerzeit noch als Bundesliga-Aufsteiger, unter der spanischen Sonne auf die Rückrunde vor. In Campoamor wurde die Grundlage für den am Ende souveränen Klassenerhalt geschaffen. Nach drei Jahren nun also die Rückkehr. Diesmal geht es als Tabellenfünfter nicht mehr ausschließlich um den Ligaverbleib, sondern bestenfalls um die abermalige Qualifikation für das internationale Geschäft.

Fischers delikate Mischung
Jan ist zwar wahnsinnig nett und hilfsbereit, einen vollen Kühlschrank kann aber auch er nicht herbeizaubern. Also geht’s vor dem offiziellen Start des Trainingslagers ein letztes Mal für uns los und die Lebensmittelvorräte für die nächsten Tage werden eingetütet. Immerhin reicht es vor dem Schlafengehen noch für Tiefkühl-Thunfischpizza und einen Obstteller.


