Bei seinem Wechsel nach Deutschland waren für Brenden Aaronson vor allem zwei Dinge entscheidend. „Ich wollte das Gefühl haben, hier als Spieler besser zu werden und der Mannschaft gleichzeitig mit meinen Qualitäten auch wirklich helfen zu können“, erzählt der Amerikaner im Trainingslager des 1. FC Union Berlin.
Urs Fischer nahm ihn in Österreich direkt nach einer der ersten Übungseinheiten unter vier Augen zur Seite, redete minutenlang mit dem 22-Jährigen, als seine Mitspieler alle schon in der Kabine waren oder sich mit dem Fahrrad auf den Rückweg ins knapp einen Kilometer entfernte Teamhotel machten.
„Für mich war es wichtig, in einen Verein zu kommen, der mir zeigt, wirklich gebraucht zu werden. Ich hatte vorab ein Zoom-Gespräch mit Oliver Ruhnert und dem Trainer, habe schon dabei direkt ein gutes Gefühl. Sie konnten mich schnell für den Verein begeistern“, sagt Aaronson, der nach seinem Wechsel im Januar 2021 von Philadelphia nach Salzburg und dem anschließenden Transfer nach Leeds nun in der drittbesten Liga Europas spielen wird. „Ich glaube“, sagt Unions neuer Kreativkopf, „dass die Bundesliga gut zu meinem Spielstil passt.“
Der sieht vor, dass er im Tempo immer wieder versucht, Chancen für seine Mitspieler zu kreieren, und ein unermüdlicher Dampfmacher ist („Ich kann laufen bis zum Umfallen“), ohne dabei Eins-gegen-eins-Situationen aus dem Weg zu gehen. Inspiriert hat ihn in England vor allem Kevin De Bruyne: „Manchester City hat mich von allen Teams am meisten beeindruckt – und vor allem er, mit seiner Spielweise.“
Zweimal traf Aaronson mit Leeds auf den späteren Meister, Pokalsieger und Champions-League-Triumphator. „De Bruyne hat so einen großen Einfluss auf das Spiel und ist ein unverzichtbarer Teil des Teams. Ihm zuzuschauen, wie er sich auf dem Platz bewegt, und seine Passqualität zu beobachten, ist schon fantastisch“, schwärmt er von dem Belgier, der in der Bundesliga einst für Werder Bremen und den VfL Wolfsburg am Ball war.
Brenden Aaronson: Drei Mitspieler erzählten ihm von der Bundesliga
Brenden Aaronson ist sich derweil aber auch durchaus seiner Schwächen bewusst: „Ich kann definitiv noch präsenter im gegnerischen Strafraum und damit auch torgefährlicher werden.“ Sein Tor gegen den FC Chelsea sollte in der vergangenen Saison in 36 Premier-League-Einsätzen letztlich nämlich sein einziges bleiben.
Über die Bundesliga hat Aaronson schon in Kreisen der Nationalmannschaft viel gehört. 29 Partien absolvierte er bislang für die USA, kam auch in allen vier Spielen bei der WM in Katar zum Einsatz. Josh Sargent, der in Bremen spielte, Dortmunds Giovanni Reyna oder der Ex-Schalker Weston McKennie erzählten ihm vom Fußball in Deutschland; und dann ist da schließlich noch sein jüngerer Bruder Paxten. Der 19-Jährige läuft seit Anfang des Jahres für Eintracht Frankfurt auf.
„Mit meinem Bruder habe ich ein Verhältnis, als wären wir beste Freunde“, berichtet Brenden Aaronson. „Wir gucken jeweils die Spiele des anderen, ich gebe ihm Feedback, was er noch besser machen kann. Wir haben oft in unserer Freizeit gegeneinander gespielt, als wir zusammen aufgewachsen sind, aber nie in unterschiedlichen Mannschaften.“ Am ersten Novemberwochenende könnte es also im Hause Aaronson eine Premiere geben, wenn der 1. FC Union Berlin die Hessen im Stadion An der Alten Försterei empfängt.

Bleibt zum Schluss noch ein kleines Missverständnis aufzuklären. Brenden Aaroson schmunzelt bei der Frage, welchen Einfluss Jesse Marsch als Trainer auf seine Karriere genommen habe. Der ehemalige Coach von RB Leipzig ist wie Aaronson Amerikaner, trainierte ihn in Salzburg und Leeds. „Es ist lustig, dass es nach außen so wirkt, als hätte ich ein ganz spezielles Verhältnis zu ihm.“ Ist das etwa nicht der Fall?


