Baumgart-Elf reist nach Hamburg

1. FC Union Berlin: Bayern oder St. Pauli? Für Kemlein macht’s „keinen Unterschied“

Nach der Länderspielpause tritt der 1. FC Union Berlin am Sonntag (17.30 Uhr) beim FC St. Pauli an. Für Eigengewächs Aljoscha Kemlein ist es eine Rückkehr.

Aljoscha Kemlein (r.) stand für Union unter Trainer Steffen Baumgart zuletzt viermal in Folge in der Bundesliga-Startelf.
Aljoscha Kemlein (r.) stand für Union unter Trainer Steffen Baumgart zuletzt viermal in Folge in der Bundesliga-Startelf.O.Behrendt/imago

Wenn es am Wochenende zum Einlaufen wieder Konfetti regnet und die ersten Glockenschläge von „Hells Bells“, einem der erfolgreichsten Lieder der australischen Hardrock-Band AC/DC, aus den Lautsprechern ertönen, dann weiß der fachkundige Fußball-Fan, dass auf St. Pauli wieder ein Bundesliga-Heimspiel ansteht. Am Sonntag (17.30 Uhr) gibt sich anlässlich des elften Spieltags der 1. FC Union Berlin auf dem Kiez die Ehre – und will nach dem mittlerweile zwei Monate zurückliegenden Coup bei Eintracht Frankfurt (4:3) den zweiten Auswärtssieg der laufenden Spielzeit feiern.

In der Tabelle würde die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart den Hamburger Stadtteilverein bei einem Dreier schon auf acht Punkte distanzieren. Der Blick könnte damit bis Jahresende sogar wieder mehr nach oben als nach unten richten. Nimmt man die zurückliegenden Spieltage als Maßstab, geht Union sogar favorisiert in die Begegnung. St. Pauli hat die letzten sieben Bundesliga-Partien ausnahmslos verloren. Nach einem begeisternden Saisonstart und dem umjubelten Sieg im Derby beim Hamburger SV gelang dem Aufsteiger der Vorsaison fast gar nichts mehr. Trainer Alexander Blessin, der vor knapp eineinhalb Jahren die Nachfolge von Fabian Hürzeler angetreten hatte, besitzt im Verein und auch im Umfeld eine ganze Menge Kredit. Trotzdem dürfte die Stimmungslage bei anhaltendem Misserfolg in nächster Zeit auch an dieser Stelle umschlagen.

Deutlich entspannter konnten die Köpenicker in die Länderspielpause gehen. Das 2:2 gegen den FC Bayern brachte nicht nur einen unerwarteten Punkt, sondern auch die Gewissheit, dass in der Mannschaft mehr steckt, als manch einer in den Wochen zuvor vermutet hatte. War das Team gegen eine der besten Mannschaften Europas einfach besonders motiviert? Die Vermutung liegt nah, wird aber von Aljoscha Kemlein – zumindest in Bezug auf sich selbst – entkräftet. „Für mich persönlich macht es keinen Unterschied, ob wir gegen Bayern oder St. Pauli spielen. Wenn ich auf dem Platz stehe, will ich immer gewinnen. Jedes Bundesliga-Spiel ist aus meiner Sicht besonders“, sagte der 21-Jährige in einer Medienrunde am Donnerstag.

Sehr besonders, um Kemleins gewählten Worten eine Steigerung zu verleihen, ist aber der anstehende Auftritt am Millerntor. In der Rückrunde 2023/24 war der Mittelfeldspieler an den FC St. Pauli ausgeliehen, stieg mit der Mannschaft aus der 2. Bundesliga auf, während Union fast den umgekehrten Weg angetreten hätte. Die Verbindung nach Hamburg, für immerhin fünf Monate in dieser Zeit sein Zuhause, ist in letzter Zeit aber schwächer geworden. „Der Trainer ist ein anderer. Viele Spieler, mit denen ich zusammengespielt habe, sind auch nicht mehr da“, erklärt Kemlein, der zwar dann und wann noch Partien seines Ex-Klubs anschaut, „meine Planung an freien Tagen richte ich aber nicht nach St.-Pauli-Spielen aus“, schmunzelt der U21-Nationalspieler.

Kemlein bereitete für die U21 zwei Treffer vor

Während viele seiner Mitspieler das letzte freie Wochenende vor Weihnachten mit ihren Familien und Freunden verbrachten, war Kemlein mit der höchsten Nachwuchsmannschaft des DFB in der EM-Qualifikation im Einsatz. Beim 6:0 gegen Malta und beim 2:0 in Georgien bereitete er jeweils einen Treffer vor. Spielt er sich so möglicherweise noch ins Blickfeld von Bundestrainer Julian Nagelsmann für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr? „Nein“, sagt Kemlein und schüttelt den Kopf, „daran habe ich zumindest bis jetzt noch keinen Gedanken verschwendet.“ Wohl auch in dem Wissen, dass die Konkurrenz auf seiner Position riesig ist, Leon Goretzka, Aleksandar Pavlovic (beide FC Bayern) oder auch Angelo Stiller (VfB Stuttgart) derzeit noch deutlich vor ihm stehen.

Konkurrenz hat Aljoscha Kemlein zwar auch beim 1. FC Union Berlin, in den letzten vier Bundesliga-Spielen stand er allerdings immer in der Startformation, mal als einer von zwei Sechsern, mal auf der Achter-Position, wenn Baumgart mit drei Akteuren im Zentrum anfing. Wie der Plan für Sonntag aussieht und ob der Trainer hinsichtlich der Formation eher die defensivere oder die offensivere Variante wählt, steht noch nicht fest. Kemlein selbst hat hinsichtlich des Spielsystems „keine Präferenz“.

Gut möglich, dass im Union-Mittelfeld neben den bekannten Gesichtern am Sonntag erstmals ein neues Gesicht zu sehen sein wird. Livan Burcu stand nach auskurierter Verletzung gegen die Bayern schon im Spieltagsaufgebot und könnte mindestens als Joker für den ein oder anderen kreativen Impuls sorgen.