Ratgeber

Rechtsfrage: Muss ich vor dem Auszug meine Wohnung renovieren?

Unser Leser will seine Wohnung kündigen, hat nun aber Angst, denn er hat die vertraglich vereinbarten Schönheitsreparaturen nie durchgeführt. Muss er jetzt komplett renovieren?

Ein Mann streicht in seiner Wohnung eine Küchenwand.
Ein Mann streicht in seiner Wohnung eine Küchenwand.Frank Sorge/Imago

Riccardo W., 52: Ich hab meine Wohnung in Friedrichshain schon ziemlich lange, bin da kurz nach der Wende eingezogen. Es war eine Bruchbude, sehr günstig. Ich hab am Anfang ein paar Monate mietfrei bekommen und sollte dafür renovieren. Hab ich natürlich nicht gemacht. Meine Kumpels und ich waren damals eher so antikapitalistisch-alternativ unterwegs, die Wände haben wir so gelassen, wie sie waren, und mit Plakaten dekoriert. Jetzt hab ich irgendwie doch noch eine nette Frau gefunden, und wir wollen zusammen aufs Land in eine Kommune ziehen. Ich will meine Wohnung kündigen, hab aber ein bisschen Angst wegen der Renovierung, die ich ja hätte machen sollen. Hab daher mal meinen Mietvertrag gesucht und sogar gefunden. Da steht was von Schönheitsreparaturen drin, die man alle 3, 5 und 7 Jahre machen muss, und von Wände weiß streichen. Jetzt hab ich noch mehr Schiss. Was muss ich machen, was wird das kosten? Ich hab leider nicht viel Geld und brauche alles für meinen Umzug …

Lieber Riccardo, zunächst einmal zwei Grundsätze, die Ihnen vielleicht überraschend vorkommen werden, und von denen die meisten Mieter nichts wissen:

1.     Es ist Sache des Vermieters, die Wohnung in einem Zustand an den Mieter zu übergeben, der allgemeinen Erwartungen entspricht – und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Die sogenannten Schönheitsreparaturen sind Vermieterpflicht.

2.     Es steht einem Mieter während der Mietzeit weitgehend frei, die Wohnung nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Dies im Hinterkopf, unterscheiden wir drei Situationen:

1. die Anfangsrenovierung. Der Vermieter hat Ihnen die Wohnung unrenoviert übergeben und Sie durch die mietfreie Zeit quasi dafür bezahlt, dass Sie die Wohnung in einen ordentlichen Zustand bringen. Ob Sie das dann gemacht haben oder nicht, ist zunächst egal, denn die konkrete Gestaltung ist Ihre Sache. Das einzige, was Sie nicht hätten machen dürfen: vom Vermieter verlangen, dass er die Wohnung renoviert. Bei der konkreten Vertragsgestaltung haben Sie diesen Anspruch aufgegeben.

2. die laufenden Renovierungen. Während der Mietzeit müssen Sie grundsätzlich nicht regelmäßig renovieren, sondern nur Schäden von der Wohnung abwenden. Die Wahl der Wandfarben oder sonstiger Dekoration steht Ihnen weitgehend frei. Auch in Schönheitsreparaturklauseln kann kein Vermieter von Ihnen verlangen, die Wände weiß zu streichen.

3. die Renovierung bei Rückgabe. Wenn ein Mietvertrag eine wirksame Schönheitsreparaturklausel enthält, kann ein Vermieter bei der Rückgabe einer Wohnung verlangen, dass diese sich in einem Zustand befindet, als hätte der Mieter regelmäßig renoviert. Mit einer solchen Klausel überträgt ein Vermieter seine Pflicht, die Wohnung während der Mietzeit in einem vertragsgerechten Zustand zu erhalten, auf den Mieter. Da dies üblicherweise in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also vorformulierten Standardklauseln geschieht, legt die Rechtsprechung hier strenge Maßstäbe für die Wirksamkeit an.

Es gibt jede Menge unwirksame Gestaltungen: starre Renovierungsfristen, die Vorgabe „weiße Wände“, die Vorgabe zu tapezieren oder die Wohnungstür von außen zu streichen – alles unwirksam. Bei einem so alten Vertrag wie Ihrem stehen die Chancen gut, dass die Klausel vollständig unwirksam ist. Dann hat der Vermieter bei der Rückgabe der Wohnung nicht das Recht, einen bestimmten Zustand zu verlangen, denn selbst wenn Sie am Anfang renoviert hätten, wäre das nach dreißig Jahren auch schon längst wieder abgewohnt. Und die laufenden Schönheitsreparaturen hätte ja – siehe Grundsatz 1 – der Vermieter selbst machen müssen. Nur Schäden sind zu beseitigen – wozu die Rechtsprechung allerdings auch Spuren exzessiven Rauchens oder sehr ungewöhnliche Dekorationen zählt.  

Am besten lassen Sie dies noch einmal konkret von einem Mietrechtsspezialisten prüfen, beispielsweise beim Mieterverein. Dann kündigen Sie und beseitigen Ihre Plakate sowie Schäden wie Bohrlöcher oder Fehlstellen im Boden. Renovieren müssen Sie aller Voraussicht nach nicht.