Ratgeber

Thromboserisiko auf Reisen: Wann sollte man Kompressionsstrümpfe tragen?

Welche Strumpfsorten gibt es? Für wen sind sie sinnvoll? Und kann man die auch beim Schwimmen tragen? Alle Fragen und Antworten rund um den Urlaub.

Thrombosen können quasi überall im Körper entstehen und gefährlich werden. Langes Sitzen kann die Entstehung eines Blutgerinnsels im Bein fördern.
Thrombosen können quasi überall im Körper entstehen und gefährlich werden. Langes Sitzen kann die Entstehung eines Blutgerinnsels im Bein fördern.Fotoillustration: Roshanak Amini für Berliner Zeitung am Wochenende. Bilder: Imago

Zugegeben: Sie sind nicht besonders hübsch, und auch das Anziehen ist in aller Regel keine Freude. Dennoch sind sich Fachleute ziemlich einig, dass Kompressionsstrümpfe – besonders wenn man länger sitzt – sinnvoll sind.

Das Problem ist nämlich, dass Sitzen für unsere Beinvenen die Hölle ist. Normalerweise helfen unsere Muskeln in der Bewegung, das Blut in den Venen von unten wieder nach oben Richtung Herz zu transportieren.

Fehlt dieser Impuls, müssen die Venen umso mehr ackern. Im schlimmsten Fall kann das Blut nicht mehr richtig fließen, was schnell gefährlich werden kann. „Hinzu kommt oft noch ein Flüssigkeitsmangel. Denn die Luft im Flugzeug oder im klimatisierten Wagen ist üblicherweise sehr trocken“, schreibt das thüringische Unternehmen Bauerfeind, das medizinische Hilfsmittel herstellt. Das könne zur Folge haben, dass das Blut dicker werde – eine zusätzliche Belastung für die Venen.

Auch Reisen bei hohen Temperaturen kann Venenbeschwerden verschlimmern, da sich die Gefäße bei Wärme weiten und es den Venenklappen so noch schwerer fällt, ordentlich zu schließen. Das Ergebnis: schwere Beine nach dem Flug oder der Fahrt“, so die Firma.

Kann jeder Mensch eine Thrombose bekommen?

Im schlimmsten Fall kann das zu einer Thrombose führen. Eine Thrombose ist ein Venenverschluss, also ein kleines Blutgerinnsel (Thrombus), das sich in dem Blutgefäß festsetzt und den Fluss des Blutes verlangsamt oder an dieser Stelle verhindert. Es gibt verschiedene Thrombosearten, weil ein Verschluss quasi überall im Blutsystem entstehen kann, auch am oder im Herzen oder in anderen Organen.

Eine Venenthrombose tritt häufig in den Unterschenkeln auf. Löst sich der Thrombus, rast er durchs Adersystem und kann zu einer Lungenembolie führen. Diese kann sogar tödlich enden.

Treffen kann es im Prinzip jede und jeden von uns. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Ebenso erhöhen Rauchen, Übergewicht, eine Schwangerschaft sowie hormonelle Verhütungsmethoden die Wahrscheinlichkeit, eine Thrombose zu entwickeln.

Symptomatisch sind geschwollene Unterschenkel oder Fußknöchel, mitunter auch spannende, gewärmt und gerötete Haut. Ursache sind Wassereinlagerungen (Ödeme) aufgrund des schlechteren Stoffwechsels.

„Kompressionsstrümpfe sind ein ganz zentraler Bestandteil einer Therapie bei Venenerkrankungen“, so der Venenarzt Dr. Uwe Kirschner in einem entsprechenden Blogbeitrag auf seiner Website. „Auch in der Prävention von Venenerkrankungen spielen sie eine wichtige Rolle. (…) Ich selbst nutze die Vorteile von Kompressionstrümpfen sowohl während meines Marathon-Trainings als auch während der Wettbewerbe selbst.“

Sogenannte Reisethrombosen sind selten, wie es auf gesundheitsinformation.de heißt: „In Studien bekamen nach einem Langstreckenflug von über vier Stunden nur ungefähr 2 von 10.000 Passagieren eine Reisethrombose, die zu Beschwerden führte. Dabei zeigte sich: Je länger der Flug dauerte, desto höher war das Risiko.“

Zudem habe eine Untersuchung gezeigt, „dass die Kompressionsstrümpfe das Risiko für solche Thrombosen deutlich gesenkt hatten: (…) Die Strümpfe konnten 20 von 1000 Flugpassagieren vor einem Blutgerinnsel schützen.“

Was bringen Stützstrümpfe?

Kompressionsstrümpfe gibt es in verschiedenen Farben im Sanitätshaus zu kaufen, aber auch in Drogerien, Apotheken sowie natürlich im Internet. Die Qualität schwankt, weshalb es sinnvoll ist, sich einmal kurz damit zu beschäftigen, was zu einem passt.

Grundsätzlich ist es so, dass diese Spezialstrümpfe einen Druck auf die Beine ausüben. Sie sind sehr eng, weshalb das Anziehen manchmal sehr nervig sein kann. Aber durch den Druck wird simuliert, dass die Muskeln sich bewegen, sodass die Venen unterstützt werden, obwohl wir uns gar nicht bewegen.

Insofern sollten die Strümpfe nicht nur auf (langen) Flugreisen, sondern auch bei Auto-, Zug- oder Busfahrten getragen werden. Wann immer möglich, sollten Sie sich die Beine vertreten – unabhängig davon, ob Sie Thrombosestrümpfe tragen oder nicht.

Hersteller Bauerfeind erklärt: „Einfache Stütz- oder Reisestrümpfe üben zwar auch Druck auf die Venen aus, sie haben jedoch eine weitaus geringere Kompressionswirkung. Zudem unterliegen sie keinen medizinischen Standards.“ Sofern Sie keine Probleme mit den Venen haben, können Sie diese bedenkenlos kaufen und tragen.

Bei bekanntem Venenleiden hingegen sollte man unbedingt medizinische Kompressionsstrümpfe kaufen. Die sollten aber zuvor vom Arzt vermessen werden.  Schwangere können sie sich auch verschreiben lassen. Es gibt auch Anziehhilfen, die auch Älteren oftmals eine gute Unterstützung sind.

Thrombosestrümpfe gibt es in verschiedenen Längen. Der Kniestrumpf lässt sich vergleichsweise leicht anziehen, weil er kurz unterm Knie endet, also ziemlich kurz ist. Schwieriger wird’s beim sogenannten Schenkelstrumpf, der auch den gesamten Oberschenkel mit abdeckt und oben mit einem Silikonband das Rutschen verhindert – ähnlich wie bei normalen halterlosen Strümpfen.

Des Weiteren gibt es Kompressionsstrumpfhosen, wobei das Bauchteil keine Kompressionswirkung hat. In aller Regel reicht es auch, wenn man die Kniestrümpfe wählt, so Venenarzt Kirschner. Sollten Sie Vorerkrankungen haben oder unsicher sein, lassen Sie sich im Sanitätshaus beraten oder fragen Ihren Hausarzt beziehungsweise Ihre Hausärztin.

Trägt man Thrombosestrümpfe auch beim Baden?

„Wer im Schwimmbad oder im Meer nicht auf seine medizinischen Kompressionsstrümpfe verzichten möchte, kann sie im Wasser tragen“, erklärt das Bayreuther Medizinprodukte-Unternehmen Medi. „Aus- und anziehen müssen Sie (sie) trotzdem: Es ist wichtig, die Strümpfe nach dem Baden sofort mit klarem Leitungswasser zu spülen. So bleiben keine Chlor- oder Salzwasserreste im Gestrick zurück.“

Wichtig: „Hitze und UV-Strahlung können dem Material schaden. Nehmen Sie ein trockenes Handtuch, legen Sie die Strümpfe hinein und pressen Sie das Wasser in das Handtuch. Dann trocknen Ihre Kompressionsstrümpfe auch im Schatten schnell“, so die Firma auf ihrer Website.

Baden selbst hat im Übrigen eine natürliche Kompressionswirkung. Der Wasserdruck und auch Ihre Bewegungen durchs Waten oder Schwimmen tun den Venen gut. Sie können die Strümpfe also guten Gewissens vor dem Planschen ausziehen.