Hartmut, 61: Lieber Herr Lenné, ich war zweimal verheiratet, bin zweimal geschieden. Kinder habe ich keine. Heute lebe ich allein in einer Zweiraumwohnung, mein Job erfüllt mich, ich habe meine Routinen, lasse kaum jemanden wirklich näher an mich ran. Eigentlich komme ich gut allein klar, aber mit dem Älterwerden schleicht sich jetzt doch immer wieder ein Gefühl von Einsamkeit ein. Wie kann ich mir Erfüllung bewahren, wenn die Arbeit bald wegbricht?
Lieber Hartmut, das klingt nach Handlungsbedarf. Sie kommen langsam in ein Alter, in dem Sie nicht mehr nur ahnen – wie mit Anfang 50 –, sondern deutlich spüren, dass das Leben so nicht immer weitergehen kann und wird. Mit 50 Jahren merken wir die ersten Zipperlein, wir joggen nicht mehr ganz so schnell um den See. Morgens tut uns irgendwie der Rücken weh und Alkohol macht auch nicht mehr so recht Spaß. Mit Ende 50 haben wir keine Lust mehr, dem Bus hinterherzulaufen. Die Muskeln meckern und unser Atem pfeift ungewohnt. Wenn wir morgens an uns runtergucken, bemerken wir, dass „unsere Hülle“ irgendwie hängt. Auch die Frauen benehmen sich uns gegenüber anders – sie flirten weniger mit uns. Im schlimmsten Fall bieten sie uns einen Platz in der S-Bahn an.
Das erlebende Ich erkunden
Wir rutschen langsam in eine neue Lebensphase. Wir Männer haben auch Wechseljahre, die Stimmung schwankt, und wir schwitzen. Natürlich würden wir das nie zugeben. Wir wären ja nicht mehr unverwundbar. Ich denke, genau darum geht es ab diesem Alter: die eigene Verletzlichkeit und den Wunsch nach Anteilnahme und Unterstützung durch andere zuzulassen. Sie schreiben von der Einsamkeit, die Sie kommen fühlen.


