Heute fühlt es sich in Berlin nur noch so an, als sei man in Italien. Die drückende Hitze der vergangenen Tage, die stechende Sonne, die flirrende Luft – fast wähnt man sich in Palermo oder Ischia, Neapel oder Capri. Ohne die sanfte Mittelmeerbrise natürlich. Und ohne die Markisen.
Die aber, die oft gestreiften Stoffbahnen über und vor den Fenstern, hat es auch hier früher in größerer Zahl gegeben. Damals, vor mehr als 100 Jahren, als sich Berlin nicht nur angefühlt hat wie ein heißer Urlaubsort, sondern stellenweise auch so aussah.
Historische Fotografien zeigen das: Aufnahmen von der Friedrichstraße oder Unter den Linden, auf denen große Stoffmarkisen an den üppigen Gründerzeitfassaden kleben – selbst einige Fenster des Berliner Schlosses waren mit dem adretten Sonnenschutz versehen. Ein Jahrhundert später sind Markisen kein Berliner Thema mehr, vom großen Sonnensegel über der Restaurantterrasse einmal abgesehen.
Die hübschen kleinen Exemplare an einzelnen Fenstern aber sind aus dem Stadtbild längst verschwunden. Womöglich mussten sie dem deutschen Pragmatismus weichen, der spätestens seit der Bauhaus-Bewegung der 1920er auch die Gestaltung und Architektur des Landes prägt; oder dem Glauben, dass es den effektiven Sonnenschutz im wenig sonnenverwöhnten Deutschland schlicht nicht brauche. Ein fataler Fehler – das merken wir gerade jetzt, in diesem Sommer, dieser Tage, hier in Berlin.

Es ist heiß in der Stadt. Klimawandelheiß. Da könnte ein Stückchen Stoff echte Wunder wirken. Denn wer seine Wohnung trotz Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad kühl halten will, tut dies am besten durch eine effiziente Außenabwehr: Nichts ist so hilfreich wie ein außenliegender Sonnenschutz, das bestätigt auch die Verbraucherzentrale; am besten sei es, die Sonne gar nicht erst an die Fensterscheiben und somit Wärme in den Raum zu lassen.
Mit italienischer Grandezza haben weiße Lappen nichts zu tun
Machen ließe sich dies auch durch Fensterläden oder einen geschickt auf dem Balkon ausgerichteten Sonnenschirm. Oder durch heruntergelassene Jalousien, die zumindest in den Altbaukiezen der Stadt allerdings auch nicht gerade weitverbreitet und – nebenbei bemerkt – in ihrer grauen Bräsigkeit ungleich hässlicher sind als schön gestreifte Markisen. Trotzdem gilt: Wer außenliegende Jalousien oder Rollos hat – runterlassen, sobald Sonnenlicht auf die Scheibe zu fallen droht. Auch das nachträgliche Anbringen von Markisen wäre theoretisch denkbar, das Berliner Unternehmen Jaloucity zum Beispiel tut sich mit einem breiten Angebot hervor.

Zum einen aber kann dies ziemlich teuer werden. Und zum anderen muss erst mit Vermieter oder Hausverwaltung abgeklärt werden, ob eine Nachrüstung überhaupt erlaubt ist. Zu einer schnellen, einfachen Lösung rät die Verbraucherzentrale: Man möge ein weißes Tuch von außen an die Fenster hängen. Auch das hilft – von italienischer Grandezza ist man mit weißen Lappen vor den Scheiben jedoch ganz weit entfernt.
Überhaupt: Nicht nur von außen, auch von innen können sich geplagte Berlinerinnen und Berliner vor der großen Hitze schützen. Zum Tragen kommt hier ein urdeutsches Thema: Das energische Stoßlüften, das von nichtdeutschen Zugezogenen belächelt und im Großraumbüro regelmäßig zum Zankapfel wird. Aber das clever terminierte Luftreinlassen hilft tatsächlich.
Den ganzen Tag sollte das Fenster auf keinen Fall geschlossen bleiben
Die Verbraucherzentrale rät, man möge in den kühleren Morgen- wie den Abendstunden lüften, während der Sonnenstunden jedoch die Fenster geschlossen halten. Das gilt natürlich nur, sofern man denn im Büro oder anderweitig unterwegs ist – wer aber tagsüber zu Hause bleibt, sollte unbedingt zwischendurch frische Luft reinlassen, gerade an schwülen Tagen.
Wer kann, sollte die ganze Nacht über das Fenster offenlassen, damit die warme Luft reichlich Zeit hat, hinauszuströmen; gegen Mücken und andere nächtliche Besucher empfiehlt sich dann ein Fliegengitter. Wer das Glück einer Maisonettewohnung oder gar eines eigenen Hauses hat, öffnet am besten gleich auf mehreren Etagen Fenster, sodass es einen ordentlichen Durchzug gibt.

Einen Effekt verspricht die Verbraucherzentrale auch all jenen Hitzegeplagten, die sich ihre elektrischen Geräte einmal genauer ansehen: Im Dauerbetrieb produzieren auch diese Wärme, die man in diesen Tagen herzlich wenig gebrauchen kann. Wo’s geht, sollten die Stecker gezogen werden – der Standby-Modus von Fernsehern und Computern ist ein kleiner Coolnesskiller. Und auch die Heizung – natürlich – sollte nach Möglichkeit komplett abgestellt oder in den Sommerbetrieb versetzt werden.
Apropos Elektrokram: Von Klimageräten hält die Verbraucherzentrale eher wenig. Zu teuer, heißt es dort, besser sei doch der weit günstigere Ventilator. Denn bewegte Luft fühlt sich kühler an als stehende – die sanfte Mittelmeerbrise, Sie wissen schon. Zuletzt seien noch die handelsüblichen Gardinen oder Rollos erwähnt, die eben innen und nicht außen vor den Fenstern hängen.




