Haben Sie auch schon mal aus Langeweile die Inhaltsstoffe auf Ihrer Shampoo-Flasche oder der Handcreme gelesen? Und sich dann gefragt, was das eigentlich alles ist? Aqua kriegen wir alle hin, klar. Wasser. Citric Acid, Zitronensäure, ist auch logisch. Aber wozu ist das gut? Und was bedeutet Sodium Laureth Sulfate? Petrolatum? Wieso sind Stoffe mit Alkohol enthalten? Wofür braucht man all diese Zusätze? Was machen die?
Die Kreuzberger Biochemikerin Dr. Ruta Almedom kennt sich mit all den Inhaltsstoffen aus, mit denen wir täglich in Berührung kommen. Für die Berliner Zeitung analysiert die Expertin, die sich für Nachhaltigkeit und Transparenz einsetzt, die 12 häufigsten Ingredienzen und erklärt, wozu sie wichtig sind.
Waschen und Schäumen
Sodium Lauryl Sulfate (SLS), Sodium Laureth Sulfate (SLES) und Sodium Coco Sulfate (SCS) sind sogenannte Tenside und werden als waschaktive Substanzen in Pflegeprodukten eingesetzt.
Dr. Ruta Almedom: Tenside wirken, indem sie helfen, Fett und Wasser zu mischen. In kosmetischen Waschprodukten können sie helfen, überschüssige Fette von der Hautoberfläche abzuwaschen und finden sich daher in Seifen, Waschlotionen und Duschgelen oder Shampoos. Das Problem ist, dass diese Tenside ihre Aufgabe manchmal zu gut erfüllen: Statt nur überschüssige Fette und daran haftenden Schmutz zu entfernen können sie auch hauteigene Fette, die sogenannten Lipide, lösen und so die Haut austrocknen.
Sodium Lauryl Sulfate werden häufig eingesetzt, weil sie besonders effektiv in der Reinigung sind. Das macht sie aber auch besonders aggressiv und austrocknend für die Haut.
Sodium Coco Sulfate und Sodium Laureth Sulfate hingegen sind milder und kommen oft in sogenannten Sensitiv-Waschlotionen vor. Menschen mit sensibler Haut greifen also lieber zu wirklich milden Zuckertensiden wie Coco Glucosiden.
Generell wird unsere Hautbarriere derzeit durch das häufige Händewaschen besonders angegriffen. Daher ist es wichtig, bei Handwaschseifen unabhängig von den Tensiden auch nach Anteilen rückfettender Stoffe zu schauen und regelmäßig rückfettende Handcremes zu nutzen. In den entsprechenden Pflegeprodukten werden hautpflegende, rückfettende oder feuchtigkeitsbindende Substanzen eingesetzt, um die natürliche Hautbarriere und den Säureschutzmantel zu verbessern. Die Cremes enthalten oft natürliche Öle oder Fette. Neben Glyzerin und Wasser sind das beispielsweise Sonnenblumenöl, das auf der Packung als Helianthus Annuus Seed Oil aufgeführt wird, ebenso wie Prunus Amygdalus Dulcis Oil, was Mandelöl ist, oder Sheabutter, Butyrospermum Parkii Butter.
Hautpflege
Paraffinum Liquidum, Microcrystalline Wax und Petrolatum sind die drei häufigsten Substanzen, die zur Hautpflege eingesetzt werden.
Dr. Ruta Almedom: Inhaltsstoffe aus Mineralöl wie Paraffinum Liquidum, Microcrystalline Wax und Petrolatum werden gerne zur Hautpflege eingesetzt, da sie günstig in der Herstellung und hypoallergen sind, also keine Allergien auslösen. Sie lassen sich leicht auf der Haut verteilen und bilden einen glatten Film auf der Oberfläche. So fühlt sich die Haut sofort gepflegter und geschmeidig an, wirkt aufgepolstert. Dieser Effekt der Feuchtigkeit wird dadurch bewirkt, dass kein Wasser mehr aus der Haut entweichen kann, sondern in den oberen Hautschichten verbleibt.
Leider ist das nur ein oberflächlicher und kurzzeitiger Effekt. Durch ‚abdichtende‘ Mineralöle verliert die Haut mit der Zeit die Fähigkeit, ihre Feuchtigkeitsbalance selbst zu regulieren. Hinzu kommt, dass erdölbasierte Inhaltsstoffe als nicht nachhaltig gelten.
Rückfettung
Stearyl Alcohol und Cetearyl Alcohol stecken in den meisten Hautpflegeprodukten, aber beispielsweise auch in Shampoos für trockene Haare und Kopfhaut.
Dr. Ruta Almedom: Rückfettende Inhaltsstoffe werden oft Waschprodukten zugesetzt, da sie in die Haut eindringen und die durch das Waschen verlorengegangenen Lipide, also Fette ersetzen. Auch in Cremes sind sie zu finden. Sie wirken wie natürliche Öle und Fette, werden aber synthetisch hergestellt. Der Zusatz ‚Alcohol‘ hat nichts mit den bekannten austrocknenden Alkoholen zu tun. Hier handelt es sich um sogenannte Fettalkohole, die wegen ihrer chemischen Struktur so genannt werden. Sie sind von den eher schlechten einwertigen Alkoholen wie Ethanol zu unterscheiden.
Feuchtigkeit
Glyzerin ist in fast allen Pflegeprodukten enthalten, weil unsere Haut Feuchtigkeit braucht.
Dr. Ruta Almedom: Glycerine sind Teil des natürlichen Feuchthaltefaktors der Haut, des sogenannten NMF. Das steht für Natural Moisturizing Factor, welcher aus einer Vielzahl von wasserbindenden hauteigenen Substanzen besteht. Zum NMF gehören zum Beispiel wasserliebende Stoffe wie bestimmte Aminosäuren, Milchsäure und Urea, also Harnstoff, und eben Glycerin. Sie wirken wie ein Schwamm und sorgen dafür, dass das Wasser in der Haut gebunden wird und nicht gleich wieder entweicht.
Glycerin ist daher auch in vielen Cremes enthalten. Der Name Moisturizer oder Befeuchter kann jedoch etwas missverständlich sein, denn die Hauptfunktion der meisten befeuchtenden Inhaltsstoffe ist nicht, den Wassergehalt zu erhöhen, sondern verlorenes Wasser in trockenen Hautstellen zu ersetzen und so eine Elastizität der Lipide und Proteinkomponenten in der Haut zu erhalten.
Emulgatoren
Polyethylenglykol (PEG) und Hydrogenated Castor Oil (PEG-40) sind Tenside und werden als Emulgatoren eingesetzt. Diese helfen, dass sich wässrige und ölige Produkt-Bestandteile besser vermischen.
Dr. Ruta Almedom: PEGs sind häufige Inhaltsstoffe in Zahn-, Körper-, Gesichts- und Haarpflegeprodukten. Abhängig von der Gruppe der PEG-Derivate – zum Beispiel der Kettenlänge – sowie der Häufigkeit und Art der Anwendung, können sie jedoch problematisch sein. Zum Beispiel, weil sie die Hautbarriere schwächen und sie so durchlässiger für Schadstoffe und Chemikalien machen können.
pH-Wert-Regulierung
Citric Acid, Zitronensäure, kommt zum Einsatz, um den pH-Wert zu regulieren. PH steht übrigens für Potenzial des Wasserstoffs (chemisches Zeichen: H) und ist die Maßeinheit dafür, wie basisch oder sauer etwas ist. 7 gilt als neutral, kleinere pH-Werte sind sauer, größere basisch. Fruchtsäuren werden in vielen Produkten, bevorzugt aber auch in Peelings eingesetzt.
Dr. Ruta Almedom: Eine gut funktionierende Hautbarriere ist die Grundlage für eine gesunde, schöne Haut. Der PH-Wert von gesunder Haut liegt zwischen 4 und 6,5. Zitronensäure hat einen natürlichen pH-Wert von etwa 2 und ist ein hervorragender pH-Regulierer. Damit trägt der Stoff dazu bei, dass der pH-Wert der Haut nicht zu alkalisch wird und hilft so, die normalen Hautbarrierefunktion aufrechtzuerhalten.
Und was ist mit den anderen Inhaltsstoffen?
Sie müssen nicht googeln, wenn Sie wissen wollen, was die anderen Inhaltsstoffe auf den Verpackungen bedeuten. Sie können sie mit der kostenlosen Codecheck-App scannen (gibt’s in allen App-Stores) und erfahren so, was wirklich drin steckt in Faltencreme, Duschgel und Bodylotion. Oder Sie steigen unter der Dusche auf feste Produkte um. Das sind Shampoos und Hautpflege in Seifenform, die man aufschäumt und dann wie gewohnt verwendet, in den Haaren beziehungsweise auf der Haut verteilt und wieder abspült. Die Wirkung ist die gleiche wie bei flüssigen Produkten aus der Flasche, nur ohne Plastik.








