Wahlkampf in den USA

Trump-Fans gegen Christus: Jesus ist vielen Amerikanern zu links

In den USA lehnen manche evangelikale Christen Bibelstellen ab, weil Jesus „zu links“ sei. Warum das Donald Trump im Wahlkampf in die Karten spielt.

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire. 
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire. Robert F. Bukaty/AP/dpa

In den USA gibt es Streit um das Christentum. Der Grund dafür: Manche Evangelikale äußern in Gottesdiensten vermehrt Kritik an Passagen aus der Bibel. Sie sagen, Jesus sei zu links, seine Ansichten zu schwach.

Russell Moore, Herausgeber der US-amerikanischen evangelikalen Zeitschrift Christianity Today und ehemaliger evangelikaler Prediger, warnt angesichts dessen vor einer Krise des Christentums. Viele bei den Evangelikalen würden immer weiter nach rechts abrutschen, so Moore.

Grund dafür sei besonders die Einflussnahme des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut kandidieren will. Der Zuspruch für den konservativen Politiker auch von vielen Evangelikalen wirkt sich auf die Kirchenkultur des Landes aus, erzählte der ehemalige Spitzenbeamte der „Southern Baptist Convention“ (SBC) dem NPR, einem öffentlichen Radionetzwerk in den USA. Laut Moore hätten mehrere Pastoren bereits ähnliche Entwicklungen aus ihren Gottesdiensten geschildert. 

Bibel-Passagen als zu liberal kritisiert

In der berühmten Bergpredigt fordert Jesus beispielsweise zur Deeskalation statt Rache auf. Er sagt: „Wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so wende ihm auch die andere zu.“ Allein die Aufforderung, die Wange hinzuhalten, ist manchen konservativen Christen zu liberal und aus der Zeit gefallen, beobachtete Moore.

Wenn evangelikale Pastoren die Bergpredigt mit Jesus’ „pazifistischen“ – manche Evangelikale nennen das auch „schwachen“ – Ansichten zitieren, dann stößt das inzwischen sogar in Gottesdiensten bei den Gläubigen auf Kritik. Ihrer Ansicht nach ist die Figur Jesus im Gottesdienst nicht stark und „konservativ“ genug. Moore sagt: „Wenn wir an den Punkt kommen, an dem die Lehren Jesu selbst als subversiv für uns angesehen werden, dann stecken wir in einer Krise.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Moore sich gegen die konservativen Ansichten mancher Evangelikalen stellt. Als scharfer Kritiker Trumps wird er ohnehin von vielen anderen evangelikalen Führern geächtet. Darüber hinaus kritisierte der Prediger den Umgang des SBC, eines Verbands baptistischer Gemeinden und Kirchen mit Sitz in den USA, mit sexuellem Missbrauch durch Geistliche sowie die höhere Duldung von weißem Nationalismus innerhalb der Kirche. 2021 trat Moore, der damals noch Spitzenbeamter der „Southern Baptist Convention“ war, von diesem Amt zurück.

Donald Trump ist nach wie vor bei Evangelikalen beliebt

Laut Moore stelle Trump eine „einzigartige Bedrohung“ dar. Als Präsident vertrat Trump eine christlich-nationalistische Haltung und versuchte die Ansicht durchzusetzen, dass die USA ein christliches Land seien. Er warb mit konservativen Standpunkten der Evangelikalen und äußerte sich unter anderem gegen Abtreibung und gegen Queere. Das hatte Erfolg. Erst 2022 löste Trump sein Wahlversprechen gegenüber den konservativen Evangelikalen ein, als das Oberste Gericht das allgemeine Abtreibungsrecht kippte.