In Russland herrscht offenbar auch in St. Peterburg Unruhe: Bewaffnete Armee-Einheiten haben das Bürogebäude der Walgner-Söldner umstellt, berichtet RIA Novosti. Die Strafverfolgungsbehörden in St. Petersburg teilten mit, „sie kontrollieren gemeinsam mit den Stadtbehörden die Lage und die Sicherheitsmaßnahmen in der Stadt seien verstärkt worden“. Die Mitteilung stammt vom Pressedienst der Stadtverwaltung, so die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. „Die Lage in St. Petersburg ist ruhig und unter Kontrolle. Gouverneur Alexander Beglow steht in ständigem Kontakt mit den Leitern der Strafverfolgungsbehörden der Stadt. In St. Petersburg gelten weiterhin verschärfte Sicherheitsmaßnahmen“, so der Pressedienst.
Zuvor war die Lage zwischen den Wagner-Söldnern und der russischen Armee eskaliert (mehr zu der Entwicklung des Aufstands hier).
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte in einer Ansprache am Samstagmorgen von der Möglichkeit eines „Bürgerkriegs“ gesprochen, den es zu verhindern gelte. Diese Wortwahl ist ungewöhnlich, da die russische Regierung bisher stets darauf verwiesen hatte, dass die Bevölkerung hinter dem Krieg gegen die Ukraine steht. In Moskau scheinen bereits erste Bürger ihre Koffer zu packen, um die Stadt zu verlassen (mehr dazu hier).
Der britische Militärgeheimdienst bezeichnete die Krise laut New York Times als die „größte Herausforderung für den russischen Staat in jüngster Zeit“: „In den kommenden Stunden wird die Loyalität der russischen Sicherheitskräfte und insbesondere der russischen Nationalgarde entscheidend für den Verlauf der Krise sein.“
„Schwierige“ Lage in Rostow am Don, Kämpfe im Gebiet Woronesch
In Rostow am Don scheint die Wagner-Truppe Teile der Stadt zu kontrollieren, wie auch Putin in seiner Ansprache indirekt einräumte.
Die Behörden melden auch Kämpfe im Gebiet Woronesch im Südwesten des Landes. „Im Rahmen einer Anti-Terror-Operation führen die Streitkräfte der Russischen Föderation auf dem Gebiet der Region Woronesch notwendige operativ-kämpferische Maßnahmen durch“, schrieb Gouverneur Alexander Gussew am Samstagmittag auf Telegram. „Ich werde weiter über die Entwicklung der Lage informieren.“ Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass hat es eine Explosion an einem Öl-Depot gegeben, die Einsatzkräfte bemühten sich um eine Löschung des Brandes.
Gussew erläuterte nicht konkret, gegen wen die Armee im Gebiet Woronesch kämpft. Zuvor hatte es allerdings Berichte gegeben, dass die aufständischen Wagner-Kämpfer dort einzelne militärische Einrichtungen besetzt hätten. Das gleichnamige Gebietszentrum ist rund 470 Kilometer von der Hauptstadt Moskau entfernt. Es liegt ungefähr auf halber Strecke zwischen Moskau und Rostow am Don, wo Aufständische Militäreinrichtungen besetzt haben.
Der frühere russische Premier Dimitri Medwedew sagte laut Tass, es sei notwendig, sich um „unseren Präsidenten und den Oberbefehlshaber der Streitkräfte des Landes zu scharen“. Es sei „von entscheidender Bedeutung, den äußeren und inneren Feind zu besiegen, der unser Heimatland auseinanderreißen will, und unseren Staat zu retten“. Nationale Spaltung und Verrat würden zur „größten Tragödie aller Zeiten und einer weltweiten Katastrophe“ führen.
Der britische Guardian berichtet, Putin habe mit den Präsidenten Kasachstans und Usbekistans gesprochen. Der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokayev sagte demnach, die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sei entscheidend für die Sicherheit der Bevölkerung und für die erfolgreiche Entwicklung eines Landes.
Es ist unklar, ob Putin nun die Kontrolle verliert. Der Russland-Experte Alexander Dubowy schreibt auf Twitter: „Mehrere „Wagner“ nahestehende Telegram-Kanäle greifen mittlerweile Putin direkt an und drohen ihm mit Absetzung. Der Auslöser des Bürgerkriegs sei von Putin betätigt worden. Das Leben von zwei Verrätern (Schoigu und Gerasimow) werde „über das Leben von 25.000 Helden“ gestellt. Auch tauchen bereits namentliche Drohungen auf, so bspw gegen Igor Strelkow.“
Gussew erläuterte nicht konkret, gegen wen die Armee im Gebiet Woronesch kämpft. Zuvor hatte es allerdings Berichte gegeben, dass die aufständischen Wagner-Kämpfer dort einzelne militärische Einrichtungen besetzt hätten. Das gleichnamige Gebietszentrum ist rund 470 Kilometer von der Hauptstadt Moskau entfernt. Es liegt ungefähr auf halber Strecke zwischen Moskau und Rostow am Don, wo Aufständische Militäreinrichtungen besetzt haben.
Könnten Teile der regulären Armee zu den Rebellen überlaufen?
Mitglieder des privaten Militärunternehmens Wagner seien zu einer kriminellen Vereinigung geworden, teilte das russische Verteidigungsministerium in einer Ansprache an Wagner-Kämpfer mit. Das Ministerium verschärfte seinen Ton gegenüber den Söldnern und sagte laut Tass, die Söldner seien„ in Prigoschins kriminelle Eskapade und einen bewaffneten Aufstand manipuliert“ worden. Wörtlich heißt es: „Viele Ihrer Kameraden aus mehreren Einheiten haben ihren Fehler bereits erkannt und um Hilfe gebeten. Wir fordern Sie dringend auf, Vernunft an den Tag zu legen und Kontakt mit Beamten des russischen Verteidigungsministeriums und der Strafverfolgungsbehörden aufzunehmen. Wir garantieren Sicherheit für alle“, fügte das Ministerium hinzu.
Militärexperten glauben, dass die größte Gefahr für Putin nun darin bestehe, dass Teile der regulären Armee zu den Rebellen überlaufen könnten. Mit seinen 25.000 Wagner-Söldnern habe Prigoschin keine Aussicht auf einen Umsturz, schreibt etwa Bill Browder auf Twitter. Doch wenn sich andere Armee-Teile dem Aufstand anschließen, könnte die Rebellion für Putin existentiell gefährlich werden. Dies sei nun zu beobachten.
Die Vorsitzenden der beiden russischen Parlamentskammern und die von Russland eingesetzten Verwaltungschefs in den russisch kontrollierten Gebieten in der Ukraine haben unterdessen ihre Solidarität mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Ausdruck gebracht.
Die Vorsitzende des russischen Oberhauses, Valentina Matwienko, versicherte, Putin habe die „volle Unterstützung“ der Parlamentskammer. Unterhaus-Vorsitzender Wjatscheslaw Wolodin rief die Russen zur Unterstützung des Kreml-Chefs auf.
Auch die Verwaltungschefs der von Russland besetzten Regionen in der Ukraine unterstützten Putin. „Die Menschen in Cherson und die Region unterstützen unseren Präsidenten voll und ganz!“, schrieb der von Moskau eingesetzte Gouverneur in Cherson auf Telegram. Das Gebiet stehe „dem Präsidenten bei“, teilte auch der Gouverneur des von Russland kontrollierten Teils der Region Saporischschja mit.


