Wie kann Europa dem globalen Migrationsstrom standhalten und gleichzeitig seinen humanitären Verpflichtungen nachkommen? Was muss die Politik tun, um überforderte Kommunen zu entlasten? Für Unions-Fraktionsvize Jens Spahn ist klar: „Die europäischen Grenzen, die Außengrenzen werden geschlossen werden. Es wird der Moment kommen.“
Er fürchtet zudem, dass die Entscheidungshoheit über die Migrationspolitik den gemäßigten Parteien entrissen werden könnte: „Die Frage ist nur: Passiert das durch diejenigen, die in der demokratischen Mitte Verantwortung haben?“
Es könne fünf Jahre dauern, es könne 15 Jahre dauern – „und es wird der Punkt kommen, wo die Erkenntnis da ist, dass es so, wie es jetzt ist, nicht wird bleiben können und dass wir an der Außengrenze zu einer völlig anderen Lage kommen müssen, um überhaupt noch Kontrolle zu haben“, so der Unions-Fraktionsvize weiter.
Das sagte Spahn am Mittwochvormittag während seiner Rede anlässlich der Vorstellung des Sammelbands „Der Selbstbetrug – Wenn Migrationspolitik die Realität ignoriert“ (Herder Verlag/Cicero) in der Stiftung Familienunternehmen und Politik am Pariser Platz.
Schwarz-grüne Koalition „unwahrscheinlicher als vor ein oder zwei Jahren“
Auf weitere politische Prognosen wollte sich Spahn während seines Impulsreferats nicht festlegen. Die Frage nach einer möglichen schwarz-grünen Koalition beantwortete er lediglich damit, dass diese Option für die Unionsparteien CDU und CSU „unwahrscheinlicher als noch vor ein oder zwei Jahren“ sei.
Einer der Gründe, warum die Union von der Krise der Ampel nicht profitiere, ist nach Spahns Eindruck der Vorwurf vieler Wähler, die Union würde sofort mit den Grünen koalieren wollen und somit die bisherige Politik fortführen. Er kritisiert eine „Re-Ideologisierung“ der Grünen, die sich immer weiter von pragmatischen Lösungsansätzen etwa in der Wirtschafts- oder Migrationspolitik entfernt hätten.

Überlastetes Gesundheitssystem – ein Nährboden für Messerattacken?
Erst eine Beschränkung der Einreisen nach Deutschland würde es erlauben, die Kommunen zu entlasten, so Spahn weiter. Um seine These zu untermauern, wies er auf die enormen Ressourcen hin, die für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen oder Migranten nötig sind.
So kämen viele junge Männer aus Ländern nach Europa, „wo Gewalt im Alltag sehr präsent ist, die traumatische Erlebnisse haben und unter posttraumatischen Belastungsstörungen leiden“.
Wenn diese Krankheitsbilder nicht aufwendig behandelt würden, so der frühere Gesundheitsminister, dann könne dies zu mehr gewalttätigen Übergriffen wie beispielsweise Messerattacken führen. Die Ressourcen des Gesundheitssystems seien derzeit aber „an der Grenze“ des Leistbaren.
Spahn: Sachleistungen statt Geld für Migranten und Flüchtlinge
Spahn griff außerdem den Vorschlag seines CDU-Parteikollegen Thorsten Frei zur Schaffung eines neuen europäischen Asylsystems auf, in dem die Mitgliedsstaaten feste Flüchtlingskontingente aufnehmen würden – anstatt auf den Fluchtrouten das „Recht des Stärkeren“ weiter herrschen zu lassen. Darüber hinaus plädierte Spahn für eine Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsländer und für Sachleistungen statt Geld für Migranten und Flüchtlinge.


