In einem Großangriff hat Russland am Montag ukrainische Städte mit Dutzenden Raketen überzogen. Allein in Kiew starben mindestens acht Menschen, nahe des Hauptbahnhofs wurde ein Fernwärmewerk getroffen. Die ukrainische Luftabwehr reagierte – sie fing rund die Hälfte der insgesamt 83 Geschosse ab.
In Zukunft wird auch ein hochmodernes Luftverteidigungssystem aus Deutschland die Ukraine vor russischen Attacken schützen. Es trägt den Namen Iris-T SLM (Surface Launched Medium Range) und dient der Abwehr von Hubschraubern, Flugzeugen, Drohnen sowie Marschflugkörpern und Raketen. Am Dienstagabend erreichte das erste System das Kriegsland, weitere sollen folgen.
Wie aber funktioniert Iris-T SLM, was genau kann es leisten? Die wichtigsten Fragen zu dem deutschen Luftverteidigungssystem.
Wozu wird Iris-T SLM eingesetzt?
Das bodengestützte System kann zur Abwehr von anfliegenden Raketen in einer Höhe von bis zu 20 Kilometern und in einer Entfernung von bis zu 40 Kilometern eingesetzt werden. Es wird also als eine Art Schutzschirm über einer Fläche gespannt. „Besonders die bodengebundene Luftverteidigung ist in der Lage, Räume über längere Zeit dauerhaft zu schützen“, schreibt der Hersteller.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zufolge kann das System „eine ganze Großstadt vor russischen Luftangriffen“ schützen. Dabei handelt es sich um Städte in der Größenordnung von Nürnberg oder Hannover. Einen 100-prozentigen Schutz gibt es jedoch nicht. So können Täuschkörper eine einzelne Rakete von Iris-T SLM ablenken oder eine Überzahl angreifender Objekte die Sensoren oder das ganze System zahlenmäßig überfordern.
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte die Auslieferung bei „RTL Direkt“ eine gute Nachricht, „weil es natürlich auch dazu dient, Städte zu schützen vor Raketenangriffen, die ja völlig willkürlich kommen und eben (...) Menschen bei Tage erwischen, Spielplätze zertrümmern und eben viel Leid verursachen.“
Wie funktioniert Iris-T SLM?
Das System besteht aus mehreren Komponenten: Einer 360-Grad-Radaranlage, einem Gefechtsstand und drei auf Lastwagen montierten Raketenwerfern. Iris-T SLM wurde maßgeblich vom deutschen Hersteller Diehl Defence entwickelt.
Das Radar ermittelt die Richtung des Angriffs; am Schluss des Anflugs übernimmt der auf Infrarot, also Wärmestrahlung, reagierende Suchkopf der Rakete. Das Luftabwehrsystem ist mobil und kann seinen Standort schnell wechseln, wenn es vom Gegner ausgekundschaftet wurde. Die Anlage ist dann in kurzer Zeit wieder feuerbereit.
Iris-T SLM kann mit acht Raketen ausgestattet werden. Sie starten senkrecht und können in alle Richtungen gefeuert werden. Bestückt wird das System mit Raketen vom Typ Iris-T SL, einer Weiterentwicklung von Iris-T, das laut Hersteller als Flugzeugbewaffnung für den Luftkampf entwickelt wurde – zum Beispiel für den Eurofighter. Heißt: Das Luftverteidigungssystem Iris-T SLM wird mit Lenkflugkörpern vom Modell Iris-T SL ausgerüstet.
Wird Deutschland weitere Iris-T SLM liefern?
Deutschland will Kiew zunächst vier der jeweils 140 Millionen Euro teuren Systeme zur Verfügung stellen, die Finanzierung von drei weiteren ist gesichert. Der Zeitpunkt der Übergabe hängt auch davon ab, ob Ägypten einer späteren Auslieferung einer schon erfolgten Bestellung zustimmt.
Ukrainische Soldaten wurden in Deutschland schon an dem Waffensystem ausgebildet. Die Industrie übernahm die technische Betreuung. Spezialisten der Luftwaffe übernahmen das taktische Training.
In der Bundeswehr selbst soll das bodengebundene System erst von 2025 an eingeführt werden. Überhaupt verfügten bislang nur Ägypten, Norwegen und Schweden über Iris-T-Systeme, zu denen neben dem Typ SLM auch der Typ SLS (Surface Launched Short Range) mit einer kürzeren Reichweite von 25 Kilometern gehört.



