Berlin-Noch steht die Ampel-Koalition nicht, doch während am Mittwoch erstmals die 22 Arbeitsgruppen von SPD, Grüne und FDP tagten, gab es bereits Beschlüsse der drei Parteien zu den Corona-Maßnahmen. Und Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt freute sich: „Die Ampel funktioniert, bevor es sie gibt.“
Es geht um ein wichtiges Thema – um die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“. Trotz steigender Inzidenzen soll es diese nach dem 25. November nicht mehr in der Form geben. SPD, Grüne und FDP wollen die Rechtsbasis für weitgehende Einschränkungen in Deutschland nicht weiter verlängern, gaben sie am Mittwoch bekannt. Der umstrittene Paragraph 28a, Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes werde ab dem 25. November „Rechtsgeschichte sein“, sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann. 28a, Absatz 1 listet eine Reihe umstrittener Anti-Corona-Maßnahmen auf – wie bundesweite Ausgangssperren, Lockdowns oder Schulschließungen.
Damit sei es nun vorbei, sagte auch SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese – das sei „in der aktuellen Situation unverhältnismäßig“. Wegfallen würde auch die bundesweite Homeoffice-Pflicht. Allerdings soll es auch keinen Freedom Day am 25. November geben. Damit wird ein Ende aller Corona-Maßnahmen umschrieben.
Verlängert werden sollen bis 20. März allerdings einige soziale Erleichterungen – wie der leichtere Zugang zur Grundsicherung insbesondere für Künstlerinnen und Künstler oder Soloselbstständige sowie die Absicherung von Kinderkrankentagen durch Lohnersatzleistungen, sodass es Geld für 30 statt 10 Kinderkrankentage gibt (Alleinerziehende: für 60 statt 20).
Ampel-Parteien sehen Licht am Ende des Tunnels
Bis zum 20. März werden die Länder in einer Art Übergangsphase immer stärker die Regie übernehmen, wenn es um Corona-Maßnahmen geht – sei es bei der Maskenpflicht, Zugangsregeln nur für Geimpfte, Genesene und Getestete, Hygienekonzepten, Abstandsgeboten sowie der Kontaktdaten-Erfassung.
Die Ampel-Parteien begründeten ihren Beschluss mit dem guten Fortschritt der Impfungen, hielten sich aber ein Hintertürchen offen – wenn beispielsweise neue Mutationen auftauchen, die eine neue Bewertung nötig machen. Wiese betonte aber auch, es bestehe derzeit keine „ernste Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik, die nach dem Infektionsschutzgesetz Voraussetzung für die Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite ist“.
Laut RKI steigen die Corona-Infektionen immer mehr
Trotzdem müsse man wachsam bleiben – auch aufgrund steigender Inzidenzen. Das Robert-Koch-Institut meldete am Mittwoch 24.300 neue Fälle – 6000 mehr als vergangene Woche. Vor allem Kinder sind verstärkt infiziert. Für Fünf- bis Elfjährige gibt es derzeit noch keinen zugelassenen Impfstoff.
Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt betonte daher, insbesondere für diejenigen, die sich nicht impfen lassen können, brauche es angesichts der problematischen Corona-Lage weiter Schutz. Man müsse aber weg von Pauschal-Schließungen für das gesamte Land. Daher lege der Bund den Ländern „den Instrumentenkasten auf den Tisch“.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, erinnerte daran, dass die FDP die erste der Parteien gewesen sei, die gesagt habe, die epidemische Lage müsse beendet werden. Es habe „zeitweise zu einer nahezu absoluten Dominanz der Exekutive geführt“, sagte er. In der Pandemie sei der öffentliche Eindruck entstanden, dass das Parlament die Corona-Politik der Ministerpräsidentenkonferenz nur noch nachvollziehe.
Kritik an dem Beschluss: Viele fürchten einen Flickenteppich
Bisher knüpften die Vorgaben laut Infektionsschutzgesetz daran an, dass der Bundestag die epidemische Lage feststellt, erstmals geschehen im März 2020. Die Feststellung der Notlage ermöglicht es der Bundesregierung und den Landesregierungen, auf vereinfachtem Weg ohne Zustimmung von Parlamenten zentrale Corona-Maßnahmen anzuordnen. Nun bleibt den Bundesländern laut Infektionsschutzgesetz noch die Möglichkeit, über ihre Landesparlamente die Notwendigkeit weiterer Corona-Maßnahmen festzustellen. Kritiker befürchten allerdings einen unübersichtlichen „Flickenteppich“ an Maßnahmen und Regelungen in den Bundesländern.


