Machtpoker nach der Wahl

Armin Laschet zieht sich zurück

Der CDU-Chef will den Neuanfang seiner Partei ermöglichen und sieht noch Chancen für Jamaika. Doch von der ersten Ampel-Sondierung gibt es positive Zeichen.

Laschet war parteiintern nicht mehr zugetraut worden, CDU und CSU in eine Zukunft zu führen.
Laschet war parteiintern nicht mehr zugetraut worden, CDU und CSU in eine Zukunft zu führen.Michael Kappeler/ dpa

Berlin-Der gescheiterte Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat am Donnerstag bekanntgegeben, dass er bereit ist, den Parteivorsitz aufzugeben. Allerdings tritt er nicht mit sofortiger Wirkung zurück. Er will vielmehr die personelle Neuaufstellung der CDU moderieren. Dazu soll es im Dezember einen Parteitag geben. „Wir haben die Wahl nicht gewonnen“, sagte er am Abend. Gleichzeitig machte er deutlich, dass die CDU weiter für Jamaika bereit stehe. „Mein Ziel ist, Gegensätze zu versöhnen“, sagte er. „Es geht nicht um die Person Armin Laschet, es geht um das Projekt Jamaika.“

Auf Twitter gab es nach seinen eher unklaren Formulierungen Verwirrung darüber, ob Laschet wirklich geht. Teilnehmer der Fraktionssitzung der Union sagten, er habe dies am Nachmittag deutlich gesagt. 

Der CDU-Politiker Friedrich Merz, der auch als möglicher Nachfolger beim CDU-Vorsitz gehandelt wird, twitterte denn auch: „Armin Laschet macht heute den Weg frei für den Neuanfang der CDU. Dafür verdient er Respekt, Dank und große Anerkennung. Ich werde mich nach Kräften daran beteiligen, dafür einen einvernehmlichen Weg zu finden, der auch die Zustimmung unserer Mitglieder findet.“ 

Laschet kündigte an, dass es eine Mitgliederbefragung über die inhaltliche Neustrukturierung geben könne. Das hält der Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Thorsten Frei, auch bei der Entscheidung über den Parteivorsitz für richtig. Der oder die nächste Vorsitzende brauche nach den Vorsitzenden-Wahlen der letzten Jahre nun die Akzeptanz der gesamten Partei, sagte er der Berliner Zeitung am Donnerstagabend: "Der nächste Schuss muss sitzen."  

Die Meldung über Laschets möglichem Rückzug platzte mitten in die ersten Ampel-Sondierungsgespräche. Am Donnerstag trafen sich erstmals SPD, FDP und Grüne, um über einen gemeinsamen Weg zu beraten. Ob es gelingt, ist noch offen, doch alle Akteure waren am Abend positiv gestimmt. Eine Ampel-Koalition hänge von vielen Zugeständnissen und Kompromissen ab, hieß es. FDP-Generalsekretär Volker Wissing sprach allerdings von „überwindbaren Hürden“. Am Montag wollen die drei Parteien ihre Gespräche „vertieft“ fortsetzen.

Auch am Donnerstag, während es hinter den Kulissen vertraulich um Kompromisse der Verhandelnden einer möglichen Ampel-Koalition ging, gab es Streit - diesmal zwischen der FDP  und  der CSU. FDP-Generalsekretär Volker Wissing beschwerte sich, dass CSU-Chef Markus Söder den Liberalen die Jamaika-Tür vor der Nase zugeschlagen habe. Söder hatte am Vortag gesagt, die Zeichen stünden auf eine Ampel-Koalition und die Union werde nicht auf der Ersatzbank warten.  

Der Vorsitzende der FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale, Jens Teutrine, bekräftigte am Donnerstag, es habe durchaus eine Chance für eine Jamaika-Koalition gegeben. „Dann kam Markus Söder und hat gesagt, der Drops ist gelutscht.“ Söder sei derzeit „so ein bisschen auf einem Ego-Trip unterwegs“ und schade damit insbesondere CDU-Chef Armin Laschet, der an der Option einer Jamaika-Koalition festhalten wolle. 

SPD, Grüne und FDP treffen sich Montag zum zweiten Mal

Doch auch bei einer möglichen Ampel-Koalition gibt es noch offene Fragen. Darüber wollten die drei Generalsekretäre von SPD, FDP und Grüne gar nicht reden am Donnerstag, als sie am Abend erste Sondierungs-Ergebnisse präsentierten. Inhalte gab es nicht, dafür ein Signal, dass kommende Woche weiter verhandelt wird. FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte: „Die ersten Verhandlungen machen Mut. “ Der Generalsekretär der Grünen, Michael Kellner, sprach von einer „vertrauensvollen“ Zusammenarbeit. 

Der wichtigste Knackpunkt – vor allem für die Liberalen – bei den Ampel-Verhandlungen sind Steuererhöhungen. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will Investitionen in Klimaschutz und die digitale Infrastruktur mit Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und einer Vermögenssteuer finanzieren. Die Grünen sind voll auf Linie. Nur die FDP nicht. Sie hat das Wahlversprechen abgegeben, Mehrbelastungen zu verhindern. Doch dort könnte es Spielraum geben. In der SPD kann man sich bereits vorstellen, auf die im Wahlkampf versprochene Reichensteuer zu verzichten. Das wäre ein Zuckerstück für die FDP, heißt es in der Partei. Auch der Solidaritätszuschlag für Spitzenverdienende, an dem die SPD festhält, könnte sich bald erledigt haben. Die FDP hat dagegen Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Es könnte vereinbart werden, das Urteil abzuwarten und sich dann danach zu richten.

Beim Klimaschutz beharren die Grünen auf ihr Wahlprogramm

Ringen wird man beim Klimaschutz – und da sind die Grünen am beharrlichsten. Die FDP will das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 in Deutschland und Europa erreichen, die SPD bis 2045. Die Grünen wollen noch nachschärfen und bis 2030 die Emissionen um 70 Prozent senken und dass Deutschland bis 2035 vollständig auf erneuerbare Energien umgestiegen sein soll. Man könnten sich unter anderem darauf einigen, mehr Anreize mit weniger Bürokratie – den Abbau fordert die FDP seit langem – zum Ausbau erneuerbarer Energien zu setzen. Eine Verständigung auf einen höheren CO2-Preis wird vermutlich schwierig: Die FDP lehnt eine nationale Festlegung eines CO2-Preises klar ab.

Bei begehrten Posten müssen ebenso Kompromisse gefunden werden

Ein weiterer Streitfall sind die 12 Euro Mindestlohn – SPD und Grünen ziehen an einem Strang, und wollen ihn unbedingt – die FDP nicht. Sie ist Verfechter der Tarifautonomie – ohne staatliche Mindestbeträge. Hier könnte der Kompromiss so lauten, dass sich die drei Parteien auf ein Reformpaket von Niedriglohn-Beziehern, Minijobbern und Hartz-IV-Empfängern einigen – inklusive Mindestlohn.

Und dann sind da noch die begehrten Posten. Grünen-Co-Chef Robert Habeck, aber auch FDP-Chef Christian Lindner wollen Finanzminister werden. Da könnte Lindner das Rennen machen. Und es geht um das Amt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der seine erneute Kandidatur 2022 bereits in den Ring geworfen hat. Grüne wie FDP könnten das Amt einfordern. Die SPD setzt allerdings auf Steinmeier. Man könnte sich aber vorstellen, hieß es aus der SPD, das Amt des Bundestagspräsidenten an einen der beiden möglichen Koalitionäre abzugeben.