Steuereinnahmen

Neue Zahlen: Millionäre in Deutschland müssen selten Steuerprüfung befürchten

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Prüfquote halbiert. Und das, obwohl bei den meisten kräftige Nachzahlungen anfallen. Die Linke fordert Maßnahmen.

Sichere Wertanlage für die, die es sich leisten können: frisch gegossene Goldbarren bei der Agosi AG in Pforzheim.
Sichere Wertanlage für die, die es sich leisten können: frisch gegossene Goldbarren bei der Agosi AG in Pforzheim.Uli Deck/dpa

Die Zahl der Einkommensmillionäre in Deutschland steigt von Jahr zu Jahr, doch der Staat hat nur wenig davon. Denn parallel zum Zuwachs der Bestverdiener ist die Zahl der Steuerprüfungen gesunken – obwohl die Erfolgsquote sehr hoch ist. Das geht aus einer Anfrage der Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch (Die Linke) an das Bundesfinanzministerium (BMF) hervor.

Demnach gab es im Jahr 2022 in Deutschland insgesamt 15.133 Einkommensmillionäre in Deutschland. Bei 870 von ihnen wurden Steuerprüfungen bisher abgeschlossen – in 661 Fällen mussten Steuern nachgezahlt werden. Das brachte der Staatskasse Mehreinnahmen von 94,6 Millionen Euro.

Das Bundesfinanzministerium verweist darauf, dass die Besteuerungsverfahren Sache der Länder sind. Sie melden ihre Ergebnisse auf freiwilliger Basis ans Ministerium unter der Maßgabe, dass sie nicht nach Ländern aufgeschlüsselt verwendet werden dürfen. Somit kann man auch nicht sagen, in welchem Bundesland die Einkommensmillionäre am eifrigsten überprüft werden.

Deutschlandweit ist der Trend jedoch eindeutig: Seit 2013 nimmt die Zahl der Prüfungen bei den Spitzenverdienern stetig ab. Wurden vor zehn Jahren noch 15 Prozent aller Steuererklärungen bei den Millionären überprüft, waren es im Jahr 2020 lediglich sechs Prozent. Einzig 2021 wurde wieder mehr kontrolliert, hier hat sich die Prüfquote mehr als verdoppelt: 13,6 Prozent der Steuererklärungen wurden nachgeprüft. Sie brachten dem Staat üppige Mehreinnahmen von 135 Millionen Euro.

Doch das war offensichtlich eine Ausnahme: 2022 war die Quote wieder auf sechs Prozent abgesackt. Dabei lohnt sich der Aufwand: Vor zwei Jahren etwa brachte jede abgeschlossene Steuerprüfung bei Einkommensmillionären durchschnittlich 312.224 Euro mehr an Steuern ein.

Über die vergangenen zehn Jahre betrachtet, war in 75 Prozent aller Steuerprüfungsfälle eine Nachzahlung fällig. Nirgendwo lohnt sich der Einsatz von Personal mehr als in diesem Bereich. Die Steuerbeamtinnen und -beamten spielen mit den Prüfungen ihr Gehalt somit quasi selbst ein.

Unverständlich ist es daher, dass die Länder offenbar freiwillig auf die ihnen zustehenden Steuern verzichten. Erklärungen gibt es dazu nicht. Die Linke-Abgeordnete Gesine Lötzsch fordert nun den Bund auf, zu handeln. „SPD, Grüne und FDP weigern sich beharrlich, die Vermögenden in unserem Land gerecht zu besteuern“, sagte sie der Berliner Zeitung am Wochenende. „Wenn die Bundesregierung die Steuern nicht erhöhen will, dann sollte sie wenigstens dafür sorgen, dass Einkommensmillionäre ihre Steuern ordentlich bezahlen.“

Dies sei nicht allein eine Frage des fehlenden Personals, so die Politikerin: „Die Berliner Landesregierung hatte in den vergangenen Jahren auf Drängen der Linken die Prüfungen von Einkommensmillionären kräftig erhöht.“ Die Landesregierungen von Bundesländern mit vielen Einkommensmillionären hätten offenbar kein Interesse, die Prüfungsquote zu erhöhen. „Sie verstehen sich eher als Vermögensverwalter der Einkommensmillionäre“, sagte Lötzsch. „Wenn Bundesländer über Jahre ihrer Pflicht nicht nachkommen, Steuern einzutreiben, dann sollte das Bundeszentralamt für Steuern diese Aufgabe übernehmen."

Laut Bundesamt für Statistik ist die Zahl der Einkommensmillionäre seit 2013 in allen Bundesländern gestiegen. Die meisten leben in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.