Politik

Der Kulturkampf um den Döner: Özdemir, Söder – sie alle wollen Experten sein

Kebab in aller Munde: Der Döner belastet derzeit das Verhältnis zur Türkei und wirbelt die deutsche Politik durcheinander – wo er für reichlich Identitätsprobleme sorgt.

Markus Söder (CSU) in einem Dönerlokal 
Markus Söder (CSU) in einem Dönerlokal Peter Kneffel/dpa

Den Anfang machte der Bundespräsident. Als Frank-Walter Steinmeier im April dieses Jahres in die Türkei reiste, hatte er ein gewichtiges Gastgeschenk dabei: einen 60 Kilo schweren Dönerspieß, natürlich tiefgefroren.

Nicht deshalb jedoch hielten Kritiker die Geste des deutschen Staatsoberhaupts für etwas unterkühlt. Eingewanderte aus der Türkei und ihre Kinder spielen schließlich längst tragende Rollen an vielen Stellen der deutschen Gesellschaft, im März 2021 hatte Steinmeier selbst die BionTech-Chefs Özlem Türeci und Uğur Şahin mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs ausgezeichnet. Nun, so der Vorwurf, reduziere er den Mehrwert der Migranten auf das Kebab-Klischee. Dabei wollte er ja ausdrücklich seine „Wertschätzung für die Lebensgeschichten und Lebensleistungen der Millionen türkeistämmigen Menschen in Deutschland zum Ausdruck bringen“, wie das Bundespräsidialamt erklärte.

Eines lässt sich nicht bestreiten: Seitdem Steinmeier in Istanbul etwas unbeholfen mit dem langen Säbel an dem aufgetauten Spieß herumfuhrwerkte, hat der Döner eine steile Karriere in der deutschen Politik hingelegt. Glücklicher als den Bundespräsidenten scheint er derzeit jedoch allenfalls Markus Söder zu machen – während das türkische Fastfood sicher geglaubte Wahrheiten durcheinanderwirbelt und so manche Sinnkrise auslöste.

Berliner Zeitung

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