Bundestagswahl

TV-Triell der Kanzlerkandidaten: Scholz vor Baerbock und Laschet

Schlagfertige Annalena Baerbock, herumeiernder Armin Laschet und souveräner Olaf Scholz: Die drei Kanzlerkandidaten zeigten ein bisschen was.

Die Kanzlerkandidaten Armin Laschet (l-r, CDU), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und Olaf Scholz (SPD) treffen in einer ersten TV-Diskussion bei RTL und ntv aufeinander. 
Die Kanzlerkandidaten Armin Laschet (l-r, CDU), Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und Olaf Scholz (SPD) treffen in einer ersten TV-Diskussion bei RTL und ntv aufeinander. dpa/Michael Kappeler

Berlin-Auf Twitter liefen sich den ganzen Sonntag über bereits die Unterstützer warm. Sie wünschten ihrer Kandidatin oder ihrem Kandidaten Glück und sahen die Gegner bereits scheitern, bevor es überhaupt losgegangen war. Andere dokumentierten ostentativ ihr Desinteresse am ersten Triell vor den Wahlen Ende September. Dabei kann von Desinteresse gar keine Rede sein.

Die Talkrunde in Adlershof, im Studio von RTL und n-tv, an diesem Sonntag wurde seit Tagen mit Spannung erwartet. Wie würden sich Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock, Unionskandidat Armin Laschet und SPD-Kandidat Olaf Scholz präsentieren? Wer würde besser abschneiden, wenn die frühere „Tagesthemen“-Moderatorin Pinar Atalay und RTL-Anchorman Peter Kloeppel ihre Fragen an das Trio richten?

Einer Blitzumfrage zufolge, die das Institut Forsa im Auftrag der Sender direkt im Anschluss veröffentlichte, ging das Rezept von Scholz auf. 36 Prozent der rund 2500 Befragten gaben an, Scholz habe das Triell gewonnen. 30 Prozent sahen Baerbock vorn, nur 25 Prozent Laschet. Auch auf die Frage, wer am sympathischsten rübergekommen sei, lag Scholz mit 38 Prozent an der Spitze, gefolgt von Baerbock (37 Prozent) und Laschet (25 Prozent).

Es ging dann gleich richtig los. Die erste Frage ging an Annalena Baerbock: „Warum kann Olaf Scholz nicht Kanzler?“ Aber das will sie nicht sagen, sondern lieber das, was sie besser machen will. Über dieses Stöckchen, das die beiden Moderatoren allen Kandidaten vorhalten, will an diesem Abend auch keiner der beiden anderen Kandidaten springen. „Das wäre schlechter Stil“, sagt Scholz.

Thema Afghanistan macht erste Unterschiede zwischen den Parteien deutlich

Das erste Thema ist Afghanistan, und hier gibt es doch einige Unterschiede zwischen den drei Parteien herauszuarbeiten. Etwa wenn es um die Ausrüstung der Bundeswehr geht. Die Bundeswehr soll gut ausgestattet sein, sagt Scholz. Laschet will die Bundeswehr noch deutlich besser ausstatten und einen nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt einrichten. Und Baerbock? Sie wirft den beiden anderen vor, die Bundesregierung habe sich in Afghanistan weggeduckt und innenpolitische Motive über die Außenpolitik gestellt.

Armin Laschet kontert mit bewaffneten Drohnen. Ein schwieriger Punkt bei den Grünen. Gerade so konnte auf dem Parteitag verhindert werden, dass die Bewaffnung ausgeschlossen wird. Laschet präsentiert sich überhaupt recht angriffslustig und wirft Scholz Blockade vor. Der wirkt unbeeindruckt und souverän. Der Punkt geht dann am Ende aber trotzdem an Annalena Baerbock. Sie zählt auf, dass die Grünen bereits im Frühjahr gefordert haben, die Ortskräfte aus Afghanistan zurückzuholen, während die Kanzlerin das erst im August angesprochen habe.

Weitgehende Einigkeit beim Thema Corona

Beim Thema Corona sind sich die drei Kandidaten weitgehend einig. Spannender wird es dann wieder beim Klimaschutz. Denn hier sind die Unterschiede deutlich. Baerbock verlangt die Solarpflicht auf allen Dächern, Scholz den Ausbau der Erneuerbaren Energien und Laschet verlässliche Stromversorgung. In dieser Debatte sieht Laschet allerdings deutlich älter aus als die beiden anderen. Während er die Sache den deutschen Erfindern und Tüftlern überlassen will, haben Scholz mit „Strompreise senken“ und Baerbock mit „Energiegeld direkt den Bürgern zurück geben“ Konkreteres zu bieten.

Baerbock punktet mit Schlagfertigkeit

Und dann zählt in so einer Talkrunde am Ende eben auch Schlagfertigkeit. Und hier gehen die meisten Punkte an Annalena Baerbock. Sie nutzt jede Gelegenheit, grüne Vorschläge zur Klimapolitik zu platzieren und Armin Laschet liefert ihr dafür auch Vorlagen. Etwa als er sie fragt, wie das mit dem Energiegeld denn funktionieren soll. Das erklärt sie dann, um gleich auch noch eine weitere Gelegenheit beim Schopf zu packen. „Es würde mich freuen, wenn Sie auch mal Vorschläge machen würden und nicht immer nur Fragen stellen.“

Am Ende sieht das Bild dann so aus: Ein rumeierender Armin Laschet, ein ruhig bleibender souveräner Olaf Scholz und eine angrifflustige Herausfordererin namens Annalena Baerbock.  

Vor vier Jahren gab es noch kein Triell. Das Format 2017 hieß TV-Duell und es fand zwischen der Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Herausforderer Martin Schulz statt. Ein Triell vor Bundestagswahlen haben wir jetzt zum ersten Mal. Die Ausgangslage ist damit heute etwas unübersichtlicher. Das gilt auch für weitere Umstände.

2017 wurde das Duell zeitgleich von fünf Sendern live übertragen: ARD, ZDF, RTL, Sat.1 und Phoenix. Diesmal wird es vor der Bundestagswahl im Fernsehen stattdessen drei einzelne Talkrunden mit den drei Kandidaten gemeinsam geben. Jede Sendergruppe veranstaltet ihr eigenes Ding. Laschet, Baerbock und Scholz dürfen nach dem Auftakt bei RTL und n-tv, am 12. September noch bei ARD und ZDF und schließlich am 19. September bei ProSieben, Sat.1 und Kabeleins gegeneinander antreten.

Ob man man die Kandidaten nun gut findet oder schlecht, liegt am Ende beim Betrachter. Über mangelndes Interesse bei potenziellen Zuschauern kann sich der Politikbetrieb jedenfalls nicht beklagen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov hat immerhin jeder dritte Erwachsene in Deutschland vor, sich eins der Trielle im Fernsehen anzusehen. Das sind deutlich mehr Menschen als bei den Duellen der Vergangenheit, die jeweils nur auf 16 oder 17 Prozent Einschaltquoten kamen. Das ist dann ja durchaus eine gute Nachricht für die Demokratie.