Ich habe mich wirklich schwergetan bei der letzten Bundestagswahl und mich lange gequält mit meiner Entscheidung. Ich wähle jedes Jahr, seit ich es darf. Und ich habe es viele Jahre lang aus dem Bauch heraus getan.
In den Jahren der Kohl-Ära war das kein Problem. Ich war jung und wählte aus Protest immer Grün. Auch als Gerhard Schröder Bundeskanzler wurde. Mir war Schröder nie wirklich geheuer, ein Arbeiterkind in Brioni, der sich an die klassische Klientel seiner Partei heranwanzte mit seiner polternden Art und gleichzeitig nach Höherem strebte.
Dass der Mann ein zwiespältiger Charakter ist, der offenbar keinerlei moralische Probleme hat, die vermeintliche Würde seines Amtes zu ruinieren, dürfte mittlerweile jedem klar sein. Ich wählte also weiter die Grünen, obwohl ich mit ihrer Art, Politik zu machen, längst nichts mehr anfangen konnte.
Ich fand die Grünen saturiert, selbstgefällig und gleichzeitig weltfremd. Eine Partei für Spießer, die sich kaum noch von der mir damals verhassten CDU unterschied. Aber die CDU, die Partei meiner Eltern, stellte nie eine Alternative für mich dar, und mit der SPD und vor allen Dingen Schröder konnte ich, wie gesagt, nie etwas anfangen.
Plötzlich kam die Idee, SPD zu wählen
Doch bei der letzten Wahl ging ich das erste Mal ohne konkrete Idee ins Wahlbüro. Die CDU war nach wie vor nichts für mich, und spätestens als Armin Laschet sich mit seinem Gefeixe und Gelache im Ahrtal selbst komplett unmöglich gemacht hatte, fühlte ich mich bestätigt. Die Grünen gaben auch kein gutes Bild im Wahlkampf ab. Und der absolute Tiefpunkt war für mich erreicht, als die Partei das Volkslied „Kein schöner Land“ umdichtete, um damit via Twitter Stimmen zu sammeln. Ich habe selten etwas Lächerlicheres gehört und gesehen.
Alles lief also für mich auf die SPD hinaus. Eine Partei, bei der ich seit rund 20 Jahren überhaupt nicht weiß, wofür sie steht. Es gibt diese Art von Arbeiterklasse nicht mehr, und ich war zu der festen Überzeugung gelangt, dass die SPD eine Satirepartei sei, als sie 2017 Martin Schulz für die Kanzlerkandidatur ins Rennen schickte: einen Mann, der sichtbar überfordert war von diesem Wahlkampf.
Die CDU musste gar keinen Wahlkampf mehr machen in dieser Zeit, denn die Vorstellung, dass Schulz dieses Land führen könnte, trieb den Christdemokraten die Wähler in Scharen in die Arme. Das Ergebnis war, dass Angela Merkel ein weiteres Mal Kanzlerin wurde. Auf die konnte man sich einigen, und so war es auch bei Olaf Scholz, der eine betuliche Verlässlichkeit ausstrahlt, wonach man sich offenbar besonders in der Pandemie sehnte.
Ich werde die SPD nicht noch einmal wählen
Ich habe ihn gewählt – und das war ein Fehler. Offenbar wollte ich so eine Art männliche Merkel, die dieses Land sicher und souverän durch alle Krisen führt. So eine Art Mensch gewordene Komfortzone. Ich muss komplett umnachtet gewesen sein, denn schon bei seinen ersten Auftritten als Kanzler offenbarte sich, dass Olaf Scholz über keinerlei Charisma verfügt, über nichts Staatsmännisches oder Mitreißendes. Ein kleiner steifer Beamter, dachte ich. Einer, den man wahrscheinlich komplett unterschätzen würde.
Doch in der Ukrainekrise zeigte sich mir, dass das Gegenteil der Fall ist. Nun wäre die Zeit für staatsmännische Größe gekommen, doch selten habe ich einen Staatsmann zögerlicher erlebt als bei der Frage, ob man die Ukraine mit Waffen und Panzern unterstützen solle. Nicht nur, dass sich Scholz und seine Partei offenbar weigern, ihre Programmatik der Realität anzupassen, nämlich dass man sich als Natomitglied und wohl mächtigstes Land Europas nicht einfach aller Verantwortung entziehen kann mit Verweis auf mögliche (!) Konsequenzen. Noch schlimmer macht es Scholz’ Hinweis auf die Bündnispartner und die Behauptung, man tue es denen doch nur gleich.
Was nicht stimmt! Dieser Mann und diese Partei sind eine Katastrophe auf internationalem Parkett und lassen Deutschland schwach aussehen. Die SPD zu wählen, war ein Fehler, aber hinterher ist man bekanntlich immer klüger. Es wird mir kein zweites Mal passieren.


