Der Festakt am Montagabend wird ganz nach Angela Merkels Geschmack sein: ein kleiner Kreis von Menschen, die sie mag, keine CDU-Politiker – zumindest aus der ersten Reihe in Deutschland – und kein großes Presseaufgebot. Die Altkanzlerin bekommt das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Sie leistet sich keine peinliche Lobbytätigkeit, versagt sich jegliche Zwischenrufe zu aktuellen Krisen. Da kann man ihr die Anerkennung doch nur von Herzen gönnen, oder? Die Ordensverleihung hat aber dennoch einen merkwürdigen Beigeschmack.
Das liegt zum einem daran, dass der Bundespräsident, der die ehemalige Kanzlerin auszeichnet, ihr früherer Außenminister war. Natürlich ist die Spitzenpolitik eine kleine Welt, aber bei Steinmeier und Merkel muss man schon mal darauf hinweisen, dass beide auf eine komplett gescheiterte Russland-Politik zurückblicken müssen.
Da liegt der Verdacht sehr nahe, dass das deutsche Staatsoberhaupt mit der Auszeichnung der Kanzlerin auch das eigene, ja, Versagen bemänteln möchte. Nach dem Motto: Wenn du die höchste Anerkennung für Verdienste an der Regierungsspitze erhältst, dann kann ich ja nicht so falsch gelegen haben.
Angela Merkel ist nach Konrad Adenauer und Helmut Kohl erst die dritte Kanzlerin, die dieses Bundesverdienstkreuz in seiner besonderen Ausführung erhält. Sie war 16 Jahre im Amt. Sie war die erste Frau, die erste Ostdeutsche und ist hoch angesehen – im Ausland noch mehr als bei uns. Sie hat das Bild des Berufspolitikers mit ihrer unprätentiösen und unbestechlichen Amtsführung aufpoliert.


