Geopolitik

Umfrage: EU-Bürger lehnen höhere Verteidigungsausgaben zunehmend ab

Eine neue Umfrage zeigt: Die Bevölkerung in Europa verliert zunehmend den Glauben an die „Zeitenwende“. Vor allem im Süden ist die Skepsis groß.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in Uniform auf einer Panzerhaubitze 2000.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in Uniform auf einer Panzerhaubitze 2000.STEINSIEK.CH/imago

Die Unterstützung für höhere Verteidigungsausgaben in Europa bröckelt. Das zeigt eine exklusive Erhebung, die Polling Europe im Auftrag von Euractiv durchgeführt hat. Demnach befürworten nur zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) steigende Verteidigungsinvestitionen – sieben Prozentpunkte weniger als noch im April 2024 (damals 74 Prozent). Die Befragung lief vom 17. bis zum 19. September und umfasst mehr als 5400 Personen.

Große regionale Unterschiede

Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede. So sprechen sich in Südeuropa nur 59 Prozent für höhere Budgets aus, in Mittel- und Osteuropa hingegen 76 Prozent. Italien fällt mit 48 Prozent Zustimmung ab, Spanien liegt bei 68 Prozent; Polen verzeichnet mit 86 Prozent den höchsten Wert. Viele hegen Zweifel an der eigenen Verteidigungsfähigkeit: Insgesamt 52 Prozent sind nicht überzeugt, dass Europa für einen langwierigen Konflikt gerüstet ist. Zehn Prozent zeigen sich optimistisch; 29 Prozent halten Europa „teilweise“ vorbereitet, neun Prozent legten sich nicht fest.

Auch politisch gibt es große Unterschiede bei der Bewertung der Aufrüstung. Während bürgerlich-liberale Parteien und ihre Wähler einem Kurs mit steigenden Verteidigungsetats weiterhin vergleichsweise offen gegenüberstehen, nimmt die Skepsis an den Rändern zu. Sowohl linke als auch rechte Parteien und Wähler tun sich schwer mit dem Gedanken, noch mehr Geld ins Militär zu lenken – wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen.

EU will geschlossen Vorgehen

Dass Befürworter einer stärkeren Aufrüstung derzeit lautstark dafür werben, ist nichts Neues. Verteidigungsminister Boris Pistorius formulierte bereits im vergangenen Jahr die Zielmarke im Bundestag wie folgt: „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein“ und „Abschreckung leisten“, um das Schlimmste zu verhindern. Auf EU-Ebene treibt die Kommission den Kurs voran: In ihrer Verteidigungsindustrie-Strategie heißt es, die Mitgliedstaaten müssten „mehr, besser, gemeinsam und europäisch“ investieren, um die Produktion zu beschleunigen und Abhängigkeiten zu verringern.