Die Ampelkoalition ist in einem verheerenden Zustand. Eigentlich sollte am Freitag mit der ersten Lesung der Gesetzgebungsprozess für eines der wichtigsten politischen Projekte eingeleitet werden. Doch das Gebäudeenergiegesetz kam gar nicht erst auf die Tagesordnung. Das heißt, dass in der Ampel derzeit nicht einmal mehr der Minimal-Konsens möglich ist.
Nachdem der Gesetzentwurf im Kabinett beschlossen und von der FDP mit der berühmten Protokollnotiz versehen wurde, hieß es immer: Nun wird die Vorlage eben im Parlament beraten und dort verbessert. SPD-Chef Lars Klingbeil versuchte, den Beteiligten sogar weiszumachen, dies sei der normalste Vorgang der Welt.
Politische Soap Opera
Der Bundestag sei nun mal das Gremium, das die Gesetze beschließe, erklärte er jüngst tiefenentspannt in der Talkshow von Anne Will. Mal abgesehen davon, dass das so formuliert Unsinn ist: Für die Befassung im Parlament muss ein Gesetzentwurf dort erst mal ankommen.
Das Gebäudeenergiegesetz erreichte das Hohe Haus diese Woche aber nur über einen Umweg - als Aktuelle Stunde. Beantragt wurde sie von der Opposition. Diese wollte noch mal genüsslich im aktuellen Ampel-Chaos herumstochern. Das ist ihr gutes Recht, keine Frage. Für die Bürgerinnen und Bürger war diese Parlamentswoche dennoch nur eine Wiederholungsfolge der politischen Soap Opera.
Keine Frage: Kritik an dem Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes ist berechtigt. Zu viel ist noch ungeklärt, und von dem Kommunikationsdesaster um die Novelle wollen wir hier erst gar nicht reden. Die FDP betreibt mit ihrer maßlosen Kritik an dem Gesetz ein mieses Spiel. Das gipfelte diese Woche in einer seltsamen Verwirrung um einen ominösen „Fragenkatalog“, den die FDP dem grün geführten Wirtschaftsministerium zukommen lassen wollte. Oder auch nicht. Denn bisher ist dort noch gar nichts angekommen.
Vermutlich waren die Fragen sowieso eher für die sozialen Netzwerke gedacht, in denen sie prompt kursierten. Bei der Lektüre fragt man sich, ob alle Liberalen in den vergangenen Wochen im Golfurlaub waren, als in der Ampel das Gebäudeenergiegesetz besprochen wurde.
Nummer 16 zum Beispiel lautet so: „Wie viele Fälle von Mehr- und Einfamilienhäusern sind dem BMWK bekannt, bei denen keine Wärmepumpe und/oder keine Hybrid-Wärmepumpe eingebaut werden kann und wieso?“ Wie wäre es mit der Zahl 42 – im Kultbuch „Per Anhalter durch die Galaxis“ ist das schließlich auch die Antwort auf fast alles. Sehr beliebt im Netz ist auch diese Frage: „Wie viele Mehrfamilienhäuser nutzen die oberste Etage bzw. den Dachstuhl als Mieterkeller, Heizungsraum oder Wäschetrocknungsraum?“
Es hat den Anschein, als begeisterten sich Teile der FDP-Fraktion immer mehr am aggressiven Oppositionsmodus. Wenn sie nicht aufpassen, bleiben sie genau dort. Selbst die Gelasseneren unter den Ampel-Politikern machen sich allmählich Sorgen, ob die vielen Risse der Koalition irgendwann vielleicht zu einem Bruch führen.



