Der offizielle Senatsbeschluss steht noch aus, doch faktisch ist die Sache entschieden. Der Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ wird nicht gemeinsam mit der Wahlwiederholung stattfinden. „Dieser Termin ist nicht zu halten“, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Dienstag in der Senatspressekonferenz. Man werde in den nächsten Tagen noch einmal alle Fakten zusammentragen, sie sehe aber keine Möglichkeit, die Wahlwiederholung und den Volksentscheid auf einen Tag zu bringen. Damit werden die Berlinerinnen und Berliner im nächsten Jahr gleich zweimal an die Wahlurnen gerufen. Für den Volksentscheid wird das vermutlich am 2. April sein.
Der ausschlaggebende Grund dafür ist so banal wie zwingend: Die notwendige Ausschreibung für das Papier, auf dem Broschüren und Wahlzettel gedruckt werden, erfolgt erst jetzt. Die Druckerei kann die Unterlagen daher nicht vor Mitte Januar fertigstellen – zu spät für die Briefwahl, die bereits am 2. Januar beginnt. Das bestätigten Spranger und Landeswahlleiter Stephan Bröchler in der Senatspressekonferenz.
Innensenatorin Spranger hatte in den vergangenen Tagen wiederholt darauf verwiesen, dass Wahlwiederholung und Volksentscheid an einem Termin nur schwer zu stemmen seien. Dem hatte sich auch der Landeswahlleiter angeschlossen, der zuvor noch erklärt hatte, es sei wünschenswert, beide Termine zusammenzulegen. Bröchler erklärte seinen Sinneswandel am Dienstag damit, dass er nach einer gewissen „Praxisphase“ erkannt habe, dass beide Abstimmungen nur schwer auf einen Tag zu bringen seien.
Das sehe man auch in vielen Bezirken so. Ein weiteres Argument war zuvor, dass die Abstimmung in den Wahlkabinen beim Volksentscheid länger dauere und damit den reibungslosen Ablauf der Wiederholungswahl gefährde. Bei den Grünen hält man zumindest das für hanebüchen. Dort verweist man darauf, dass gerade jetzt so viele Wahlhelfer und auch Wahlkabinen zur Verfügung stünden wie nie zuvor.
Dass das notwendige Quorum für den Volksentscheid erreicht ist, war schon seit einigen Tagen klar. Den Bezirken wurden von der Initiative insgesamt 254.000 Unterschriften zugeleitet, 171.000 waren notwendig. Vermutlich morgen wird der Landeswahlleiter, aus dem beim Volksentscheid der Landesabstimmungsleiter wird, dies offiziell bestätigen. Ende der Woche soll es im Amtsblatt veröffentlicht werden, was die Durchführung des Volksentscheides amtlich macht. Bei den Grünen ist man der Meinung, dass man sich mit dieser Feststellung in der zuständigen Senatsverwaltung nicht gerade beeilt hat, sagt das aber nicht laut.
Die Innensenatorin versicherte am Dienstag, dass man von einer kürzestmöglichen Zeit für die Organisation des Volksentscheides ausgehe. „Aber wir müssen schon die Wahlwiederholung in 90 Tagen schaffen, wofür es sonst ein Jahr Zeit gibt“, sagte sie. Zudem gebe es Fristen, die man einhalten müsse – etwa für eine Reaktion des Abgeordnetenhauses auf das erfolgreiche Volksbegehren.
Letztlich blieben im Dezember nur wenige Arbeitstage dafür übrig, die nötigen Stimmzettel und Broschüren zu drucken und an die Bezirke auszuliefern. „Der Landesabstimmungsleiter und die Senatsinnenverwaltung halten einen Volksentscheid zum 12. Februar nicht für machbar“, so Spranger. Nun müsse sich der Senat dazu positionieren. Nach Auskunft der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) soll der Beschluss am kommenden Dienstag fallen: „Aber aus meiner Sicht ist die Sachlage schon heute klar.“
Schneller als beim Druckauftrag für den Volksentscheid war der Senat bei einem anderen Thema, das die Regierende Bürgermeisterin 75 Tage vor der Wahlwiederholung noch mal mit Vehemenz angehen will: Gemeint ist die Verwaltungsmodernisierung, über die in Berlin seit Jahrzehnten gesprochen wird und wegen deren Scheitern letztlich auch die Wahl im vergangenen Jahr in einem derartigen Chaos endete.
Doch jetzt soll in Berlin die Aufgabenverteilung zwischen Landes- und Bezirksebene neu geregelt werden. Der zuständige Staatssekretär Ralf Kleindiek hat dazu dem Senat am Dienstag ein Papier mit Vorschlägen vorgelegt. Es kursiert in der Stadt schon seit Ende der vergangenen Woche und hat bei Grünen und CDU bereits Ablehnung hervorgerufen, weil es beiden Parteien zu zaghaft erscheint.
Kleindiek selbst versicherte, dass man hier die grundlegendste Reform seit der Bezirksreform vorbereite: „Wir sind mit dem ganzen Thema so weit wie noch nie.“ Danach sollen die Zuständigkeiten zwischen Land und Bezirken völlig neu und klar geregelt werden. „Manche Dinge bleiben allein beim Land“, sagte Kleindiek und nannte Justiz, Verfassungsschutz und Polizei. Die Bezirke bekämen die Alleinverantwortung für die kulturellen Themen oder Familienförderung. Zudem solle es einen großen Bereich geben, in dem die Bezirke Aufgaben im Auftrag des Landes erledigen, etwa Serviceleistungen für Bürger, Verkehrs- oder Digitalisierungsprojekte.





