Energiekrise

Gaspreisbremse und Einmalzahlung: So sollen die Kunden entlastet werden

Die Bundesregierung will Gas- und Fernwärmekunden unter die Arme greifen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Vorschlägen der Expertenkommission.

Gasflamme auf einem Gasherd
Gasflamme auf einem Gasherdepd/Christiane Stock

Mehr als 35 Stunden tagte am Wochenende die Expertenkommission für Gas und Wärme. Das Gremium stand unter Zeitdruck: Die Bundesregierung hatte die Runde kurzfristig einberufen, um einen Vorschlag für eine Gaspreisbremse zu erarbeiten. Das Ergebnis der Beratungen: ein zweistufiges Modell, eine Kombination aus Einmalzahlung und Preisdeckel. Auf diese Weise sollen Gas- und Fernwärmekunden in den kommenden Monaten entlastet werden.

Die Regierung wird den Vorschlag nun prüfen. Ziel seien schnelle und pragmatische Hilfen gegen eine Überforderung durch die hohen Preise, sagte Kommissionsmitglied Michael Vassiliadis von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE). Zudem sollten Sparanreize erhalten werden. Allerdings gibt es auch Kritik an dem 14-seitigen Papier, das Geld werde nach dem Gießkannenprinzip verteilt, heißt es. Nachfolgend die Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um die Gaspreisbremse.

Wie wird die Einmalzahlung errechnet?

Um „extreme“ Belastungen von Gas- und Fernwärmekunden abzufangen, sollen private Haushalte und kleine Firmen als Gaskunden im Dezember eine Einmalzahlung erhalten – und zwar auf Basis des Verbrauchs, der der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde. Das soll diejenigen betreffen, die direkt Kunden bei einem Versorger sind.

Der Bezugspunkt in der Vergangenheit sei bewusst gewählt, sagte dazu die Wirtschaftsweise und Co-Vorsitzende der Kommission, Veronika Grimm. Der Grund: Verbraucher sollen ihren Konsum jetzt nicht absichtlich hochtreiben, um mehr Unterstützung zu erhalten. „Diese Einmalzahlung dient als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse“, heißt es im Bericht.

Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox liegt die durchschnittliche Abschlagszahlung für ein Einfamilienhaus derzeit bei rund 342 Euro. Übernehme der Staat eine Rate, würden die jährlichen Kosten von 4108 Euro auf 3766 Euro sinken, was einer Entlastung von rund acht Prozent entspreche.

Wie soll die Gaspreisbremse funktionieren?

Die Gas- und Wärmepreisbremse soll der Kommission zufolge zum 1. März 2023 kommen, spätestens zum April, und sie soll frühestens Ende April 2024 enden. Es soll eine Obergrenze für den subventionierten Grundverbrauch von Haushalten geben. Konkret schlägt die Kommission ein Grundkontingent von zwölf Cent pro Kilowattstunde vor – und zwar für 80 Prozent des Verbrauchs, der der Abschlagszahlung aus dem September 2022 zugrunde gelegt wurde.

Damit würde der Preis weiterhin deutlich über dem von vor einem Jahr liegen. Laut den Experten kostet eine Kilowattstunde Gas für Neukunden heute im Mittel 28,3 Cent je Kilowattstunde. Im Herbst 2021 lag der Preis demnach bei 6,8 Cent.

Grundsätzlich soll es weiter Anreize zum Sparen geben, sprich: Wer im Winter weniger heizt, zahlt weniger. Die Kommission hält es für erforderlich, dass in Deutschland mindestens 20 Prozent Gas eingespart werden. Oberhalb der Verbrauchsmenge von 80 Prozent soll der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis gelten, es könnte also für diesen Rest je nach Vertrag sehr teuer werden. Für Fernwärmekunden soll es einen fixen Preis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde für ein Grundkontingent von 80 Prozent geben.

Einmalzahlung: Was müssen Verbraucher beachten?

„Der Gaskunde selbst muss nichts tun“, sagte Kommissionschefin Grimm. Heißt: Besitzer von Einfamilienhäusern und Mieter sollen die Hilfen automatisch erhalten. Die Abrechnung würde dann von den Versorgern übernommen werden, die das Geld vom Staat erstattet bekommen sollen. „Die Gutschrift muss vom Vermieter auf die Wohnungen bzw. Mieter umgelegt werden“, heißt es in dem Papier. Die Umlage würde dann über die Nebenkostenabrechnung laufen.

Gehen Ölkunden leer aus?

Ja. Haushalte, die mit Öl heizen, werden in dem Papier nicht berücksichtigt. Der Auftrag der Expertenkommission habe darin bestanden, Vorschläge für die besonders hohen Belastungen für Gas- und Fernwärmekunden zu erarbeiten, sagte Kommissionschefin Grimm. Ziel sei es, dass diese Verbraucher am Ende ähnlich viel zahlen wie Ölkunden.

Einmalzahlung und Gaspreisbremse: Ist das gerecht?

„Die Gaspreisbremse bleibt teure Gießkannenpolitik“, meint Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Er rief zu Protesten auf und forderte „großzügige Hilfen für Einkommensschwächere“. Auch der Co-Vorsitzende der Kommission, Michael Vassiliadis, räumte ein, dass die geplanten Entlastungen ein wenig „Gießkanne“ seien. Für detailliertere, also zielgenauere Vorschläge sei schlicht keine Zeit gewesen. Frank Werneke, der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und ebenfalls Mitglied des Gremiums, äußerte sich kritischer: Die Preisbremse sei nicht sozial ausbalanciert, so der Gewerkschafter.

Richtig ist, dass Villenbesitzer ebenso von den Hilfen profitieren werden wie Mieter von Einzimmerwohnungen. Dazu sagte Vassiliadis, dass die Versorger schlicht nicht wüssten, wer von welchem Anschluss versorgt wird. Um die Vorschläge gerechter zu gestalten, schlägt das Gremium vor, dass der Rabatt durch die Einmalzahlung in der Einkommensteuererklärung als geldwerter Vorteil angegeben wird. „Dabei sollen möglichst hohe Freibeträge gelten“, heißt es in dem Papier. Eine Veranlagungspflicht entstehe alleine durch den Rabatt nicht.

Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, bemängelte, dass die Gaspreisbremse frühestens ab März 2023 greifen würde. „Millionen Menschen in diesem Land benötigen jetzt einen Preisdeckel für Strom und Gas und angemessene Direktzahlungen statt Almosen“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Darauf wies auch die Chefin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, hin. Gegenüber der Funke Mediengruppe forderte sie einen Härtefallfonds für Bedürftige noch in diesem Jahr.

Einen Härtefallfonds für Wohnungseigentürmer und Mieter schlägt auch das Expertengremium vor. Er soll ergänzend zu den Einmalzahlungen für den Zeitraum ab Januar bis Ende Februar 2023 gelten und wäre unter anderem für Haushalte mit geringen Einkommen gedacht. Auch schreibt die Kommission in ihrem Bericht von möglichen Liquiditätshilfen etwa für Vermieter, die für ihre Mieter bei extremen Preissteigerungen in Vorleistung gehen wollen.

Was ist für die Industrie geplant?

Auch für die Industrie soll laut BDI-Präsident und Kommissionsmitglied Siegfried Russwurm gelten: entlasten und zugleich weiterhin Sparanreize setzen. Die Gaspreisbremse für Industrieverbraucher soll zum 1. Januar in Kraft treten. Das subventionierte Kontingent solle 70 Prozent des Verbrauchs des Jahres 2021 betragen – und zwar zu einem Beschaffungspreis von sieben Cent pro Kilowattstunde. Dazu kommen unter anderem noch Abgaben, Umlagen und Steuern, sodass am Ende wie bei den privaten Haushalten ein Endkundenpreis von zwölf Cent erreicht werden soll.

Eine Mengenobergrenze soll es nicht geben. Ein Unternehmen soll die geförderte Gasmenge für seine Zwecke nutzen oder am Markt verwerten können. Die Subvention soll über den jeweiligen Gaslieferanten organisiert werden, den der Staat mit den notwendigen Finanzmitteln ausstatten soll.

Wie teuer wird all das für die Steuerzahler?

Die Expertenkommission schätzt die Kosten ihrer Vorschläge auf mindestens 91 Milliarden Euro. Die Summe teilt sich auf in 65 Milliarden Euro für kleine Firmen und Privatkunden sowie 25 Milliarden Euro für die Industrie. Allerdings stehen diese Annahmen unter Vorbehalt: Sie sind abhängig von den womöglich weiterhin stark schwankenden Marktpreisen. Deshalb betonte die Kommission, dass die Kosten für den Staat am Ende auch höher oder niedriger ausfallen könnten.