Kommentar

Die Stärke der AfD, der schwächelnde Robert Habeck und die Wärmepumpe

Die Rechts-außen-Partei profitiert auch vom Ansehensverlust der Grünen. Denn bei vielen ist die Angst vor der Wärmewende größer als die vor dem Klimawandel. Ein Kommentar.

Die AfD steht im Osten der Republik laut Umfragen seit Mai auf Platz 1.
Die AfD steht im Osten der Republik laut Umfragen seit Mai auf Platz 1.Karina Hessland/IMAGO

Der Aufstieg der AfD ist eine Geschichte des Abstiegs anderer Parteien. Die nationalistische und rechtsradikale bis rechtsextremistische Partei strebt in Umfragen immer neuen Spitzenwerten entgegen. Derzeit steht sie bundesweit mit 18 Prozent auf Platz 2 hinter der CDU, die auf 29 Prozent kommt. Fast dieselbe Konstellation gab es bereits im September 2018. Dazu kommt, dass die AfD in Thüringen seit 2020 dauerhaft stärkste Kraft ist – und da stört es die Befragten auch nicht, dass die Partei ausgerechnet in der neuen Heimat des Radikalinskis Björn Höcke so dominiert, einem  Mann, der nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen als Faschist bezeichnet werden darf. Das schadet in Umfragen dennoch nicht: Im Osten der Republik ist seine Partei seit Mai stabil auf Platz 1.

Die Stärke der AfD resultiert nicht nur aus der Schwäche der Kanzlerpartei SPD, denn dann müsste die CDU viel stärker dastehen. Die Rechts-außen-Partei ist auch nicht deshalb so erfolgreich, weil sie so epochale Vorschläge macht, denen niemand widerstehen kann, sondern weil die anderen es ihr recht leicht machen. Auch, weil sich die anderen im Dauerstreit befinden und die FDP die lautstärkste Oppositionspartei ist. Die AfD, die innerhalb eines Jahres ihren Wert verdoppelt hat, profitiert besonders vom Ansehensverlust der Grünen, die zehn Prozent verloren haben.

Seit Jahren sehen AfD und Grüne die jeweils andere Partei als ideologischen Hauptgegner an. Zwischen beiden gibt es wenig Wählerwanderungen. Aber im Kampf der „Ideologien“ und in den Debatten um die Energiewende kann die AfD klar den Frust über das Wärmepumpengesetz von Robert Habeck einsammeln. Auch wenn die meisten einsehen, dass der Umstieg auf neue Energien nötig ist, wollen sie nicht, dass sie allein die Kosten tragen müssen und die Industrie weiter alimentiert wird. Und die radikalsten Habeck-Gegner sitzen nun mal in der AfD.

In der Auseinandersetzung mit dieser Partei haben es sich die anderen auch zuletzt wieder etwas leicht gemacht – wie fast immer. Sie hatten drauf spekuliert, dass die Sympathiewerte für Höcke & Co. sinken würden und dass sie sich nicht mehr anstrengen müssten, wenn die AfD offiziell zum extremistischen Beobachtungsfall erklärt wird. Doch die erhoffte Wirkung blieb aus.

Nicht nur heimliche Freude der anderen

Und so profitiert die AfD von den Profilierungspirouetten der anderen vor der nächsten Bundestagswahl. Natürlich ist klar, dass sich die anderen auf ein Wärmepumpengesetz einigen werden, irgendwann. Aber alle Parteien stört es derweil natürlich auch nicht, wenn die Grünen dabei auch Schaden nehmen und schwächeln. Denn vor der letzten Bundestagswahl hatten die Grünen die bislang einmalige historische Chance, ins Bundeskanzleramt einzuziehen. Sie haben sie verpasst, weil sie nicht mit Habeck – dem Liebling des Publikums und vieler Medien – antreten wollten, sondern mit dem Parteiliebling Annalena Baerbock. Und nun gibt es bei der Konkurrenz natürlich nicht nur eine heimliche Freude, dass die beiden grünen Galionsfiguren erkennbar angeschlagen sind. Bei Habeck schauen viele nun genüsslich zu, wie er durch die Welt zieht und fossile Brennstoffe für die deutsche Wirtschaft einkauft, wie er die verhassten Kohlekraftwerke wieder anschalten lässt und das lange verteufelte LNG-Gas aus den USA ins Land holt.

All das kommt der AfD zugute. Und all das, was bei ihrem Aufstieg im Bund zu beobachten ist, hat die Lausitz längst hinter sich. Dort ist die AfD seit Jahren dominant. Auch weil dort seit Jahren die Angst umgeht: nicht so sehr vor dem von vielen noch als imaginär empfundenen Klimawandel, sondern die Furcht vor dem realen Kohleausstieg, vor dem Verlust tausender Jobs. Und nun profitiert die AfD auch noch von der Angst vor einer teuren Wärmepumpe. Die AfD sagt einfach: Es soll alles bleiben, wie es war.

Die anderen drängen wegen des Klimawandels auf den großen Umstieg. All das kostet sehr viel Geld, all das belastet die Bürger finanziell, und bei all dem lassen die Erfolge auf sich warten. Nun müssen die anderen Parteien beweisen, dass sie in der Lausitz einen sozialverträglichen Kohleausstieg und bundesweit eine ebensolche Energiewende hinbekommen. Das ist nun mal die Aufgabe von Realpolitik. Nichts, womit die AfD bislang zu tun hatte. Sie muss gar nichts machen, außer meckern und abwarten.