Woody Allen sieht in seinem Film „Der Stadtneurotiker“ einen Mann in den Straßen von New York mit einem Schild, auf dem steht: „Das Ende der Welt ist nah“. Allens Kommentar trocken: „Ich denke das Gleiche, aber ich ziehe mich besser an.“
An diese Szene musste ich denken, als ich in dieser Woche wieder die Klimaaktivisten auf Berlins Straßen sah. Vier von ihnen klebten sich in Mitte auf die Straße, sechs waren es in Friedrichshain, fünf in Kreuzberg. Und das allein am Freitag. In dieser Woche warfen sie außerdem Kartoffelbrei auf ein Gemälde von Monet, in Den Haag versuchte gar jemand, seinen Kopf an ein Vermeer-Gemälde zu kleben.
Immer absurder werden die Aktionen. Immer spektakulärer. Im Zentrum steht dabei stets dieselbe Frage: Was berührt euch noch? Wie schlimm kann ein beschädigtes Gemälde sein, wenn wir alle sterben? 2022 wird das Jahr sein, in dem niemand mehr die Augen vor den Folgen des Klimawandels verschließen kann. Man merkt es allein in diesem Oktober, der einer der wärmsten ist, seit die Menschen Wetterdaten erheben.
All diese Aktionen sollen zunächst vor allem dazu dienen, genau dieses Thema in den Mittelpunkt zu stellen. Und selbst die größten Kritiker der Klimaretter müssen zugeben: Das Ziel wurde erreicht. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht darüber berichtet wird, was die „Letzte Generation“ heute wieder macht. Doch gegen Ende dieses Jahres sind drei Entwicklungen zu beobachten, die den Klimarettern zumindest zu denken geben sollten. Die Frage ist: Warum machen sie weiter?
Die Aktivisten sind selbst zum Thema geworden
1. Inzwischen geht es in fast allen Berichten über die Aktionen nicht mehr um den Klimawandel. Die Aktivisten haben es geschafft, selbst mehr zu einem Thema zu werden als die drohende Katastrophe, auf die sie aufmerksam machen wollen. Auf den Fotos und Videos, die noch immer um die Welt gehen, sind wütende junge Menschen zu sehen. Das allein wird immer weniger zu einer Meldung taugen.
2. Jede weitere Hand, die derzeit noch auf den Asphalt geklebt wird, erzeugt weitere Gegner der „Letzten Generation“. Immer wieder sagen in Interviews Menschen am Rande der Straßenblockaden, dass sie „im Grunde den Protest unterstützen“. Aber sie verlieren eben doch das Verständnis, wenn sie selbst einmal in einem Klima-Stau feststecken.
3. In dieser Woche rief die Bild-Zeitung obendrein indirekt zur Gewalt gegen die Aktivisten auf. „Darf ich den Klima-Klebern eine kleben?“, so fragte das Boulevard-Blatt rhetorisch und ließ die Frage von einem Experten auch gleich beantworten: Eine Ohrfeige sei verhältnismäßig. Doch wo endet eine Ohrfeige und wo beginnt der Aufruf zur Körperverletzung? Die Aktionen, sie werden auch deshalb immer gefährlicher.
Das Klima ist rau geworden, zumindest für die Klimaschützer. Doch sicherlich werden die auch in der kommenden Woche Straßen blockieren. Aber die Wahrheit ist leider: Nichts wird besser dadurch.




