Jeder Hype geht mal vorbei. Allein in dieser Woche hat der Bitcoin ein Viertel an Wert verloren und liegt nun unter 17.000 Dollar. Auslöser war wieder einmal eine drohende Insolvenz am Kryptomarkt. Die vierte schon in diesem Jahr. Diesmal hatte sich die Krypto-Börse FTX verzockt. Der Branchenriese Binance wollte FTX übernehmen, stieg aber aus dem Deal aus, nachdem er in die Bücher von FTX geschaut hatte. „Die Probleme übersteigen unsere Möglichkeiten zu helfen“, verkündete Binance-CEO Changpeng Zhao über Twitter.
Die Anleger sind jetzt wie paralysiert
Der FTX-Kurs rutschte in den Keller. Minus 90 Prozent. Ein- und Auszahlungen sind gestoppt. Wer an der Börse anlegte, ist jetzt wie paralysiert. Weder Kaufen noch Verkaufen ist möglich. Im schlimmsten Fall sind die Anlagen für immer weg. Denn wer eine digitale Geldbörse („Wallet“) an einer Krypto-Börse führt, überlässt die Anlagen der Börse. Das ist unkomplizierter, als ein eigenes privates Wallet zu führen, aber auch riskant. Denn wenn FTX bankrottgeht, werden die Anlagen zur Insolvenzmasse – und sind im schlimmsten Fall futsch. Die Einlagensicherung, die einen bei Bankguthaben rettet, greift hier nämlich nicht.
Kursflaute beim Bitcoin
Jahrelang kannte der Bitcoin-Kurs nur den Weg nach oben. Weil es auf der Bank keine Zinsen mehr gab, weil günstige Energie das aufwendige Mining profitabel machte und eine Armada aus Tech-Nerds, Influencern und Crashpropheten einen Hype aufbaute. Doch die Stimmung kippt, weil Krypto-Pleiten wie bei FTX, Luna oder Celsius Vertrauen verspielen. Weil es auf der Bank wieder Zinsen auf Erspartes gibt, beim Bitcoin aber nicht. Da bleibt lediglich die Wette auf höhere Kurse in der Zukunft. Und weil selbst Miner anfangen, ihre Bestände zu verkaufen. Aus Kostendruck! Miner sind diejenigen, die durch das Lösen komplizierter Rechenaufgaben die Blockchain fortschreiben.
Belohnt werden sie dafür mit neuen Bitcoins. Das Mining ist aber teuer, weil es extrem viel Strom frisst und leistungsstarke Hardware benötigt. Weil die Energiepreise gestiegen sind, der Bitcoin aber schwächelt, wurde das immer unlukrativer. Selbst die größten Mining-Firmen sind gezwungen, ihre Bitcoin-Bestände zu verkaufen, um laufende Kosten zu decken: Strom, Mieten, Kreditzinsen, so was. Das wiederum erzeugte noch mehr Druck auf die Preise. Aktuelles Beispiel: Einer der größten Bitcoin-Miner der Welt, Core Scientific, gab vor zwei Wochen die drohende Pleite bekannt. Bis Jahresende droht das Geld auszugehen, die Aktie brach über Nacht um 70 Prozent ein.
Falsches Versprechen: Kein Schutz vor Inflation!
Bestsellerautor und Honorarberater Marc Friedrich verspricht etwa, Bitcoin sei eine Lebensversicherung für die Kaufkraft. Für 2021 gab er gar ein Kursziel von 100.000 US-Dollar für einen Bitcoin aus. Das Versprechen und das Kursziel wurden längst von der Wirklichkeit eingeholt. Die Zahlen sind eindeutig: Bei einer Inflationsrate von zehn Prozent bekam man für jeden Euro, den man im Oktober 2022 ausgegeben hat, zehn Prozent weniger als vor einem Jahr. Wer hingegen Euro vor einem Jahr gegen Bitcoin getauscht hat, um ihn vor Inflation zu schützen, und ihn heute ausgeben will, hat zusätzlich zu den zehn Prozent Inflationsrate auch noch fast 70 Prozent Kursverlust. Ein schlechter Deal!
Wer vor einem Jahr Euros gegen Bitcoin getauscht hat, um sich gegen Inflation zu schützen, und sein Geld heute ausgeben muss, hat auf die 10% Kaufkraftverlust durch Inflation gleich noch schlappe 66% Kursverlust. 🥲 pic.twitter.com/Ld7KGgXCkN
— Maurice Höfgen (@MauriceHoefgen) November 8, 2022
Das Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer!
Weil sich jahrelang immer mehr Anleger mit immer mehr Geld an den Tisch gesetzt haben, sah es so aus, als könnten alle beim Bitcoin gewinnen. Das ist aber falsch. Denn hier wird ja nichts erwirtschaftet. Im Gegenteil: Im Kern ist der Bitcoin ein großes Nullsummenspiel. Es kann nur ausgezahlt werden, was jemand anderes vorher eingezahlt hat. Wie beim Poker im Casino: Alle bringen Geld mit und am Tisch wird umverteilt. Und so wie das Casino mit Gebühren abkassiert, lassen sich Miner die Energieverschwendung in Coins bezahlen.
Am Ende gilt: Wer mit Verlusten aussteigt, hat anderen Gewinne beschert. Das Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer!
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