Wer in Berlin Mitglied eines Cannabis-Clubs werden will, braucht dazu nur ein paar Klicks und zahlt einen symbolischen Betrag. Später wird daraus dann ein bisschen mehr für den Clubbetrieb, Anbau der Hanfpflanzen und Abgabe der Produkte an die Konsumenten. Sobald es die Gesetzeslage endlich zulasse, heißt es auf den Websites mit forderndem Unterton.
Am Mittwoch befasst sich das Bundeskabinett mit dem Gesetzesentwurf aus dem Haus von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Sollte sein Gesetz Kabinett und Parlament passieren, werden die Cannabis-Clubs ab dem 1. Januar viel zu tun bekommen. Denn den Clubs kommt bei der aktuellen Kehrtwende in der deutschen Drogenpolitik eine Schlüsselrolle zu. Cannabis wird künftig im Betäubungsmittelgesetz keine Rolle mehr spielen. Anders als bei hartem Alkohol wird der Vertrieb aber hart reguliert werden. Und diese Formulierung ist noch stark untertrieben.
Der Zulauf zu den Clubs ist ungeachtet dessen groß. In Baden-Württemberg verkünden die Vereine bereits Aufnahmestopps. Es tauchen reihenweise neue Vereine auf. In Brandenburg wirbt der Landesbauernverband dafür, die Anbauregelungen so schnell wie möglich in Gang zu setzen. Und der deutsche Hanfverband – ja, den gibt es bereits – sieht mögliche Milliardenumsätze: Goldgräberstimmung.
Ärzte äußern sich weniger euphorisch. Sie weisen auf das Risiko von Psychosen, auf Gefahren für die Jugend und weiter steigendes Suchtverhalten hin. Ihre Bedenken waren erwartbar. Sie gelten allerdings ebenso für Alkohol, über den Ähnliches nie zu hören ist.
So richtig auf den Barrikaden sind diejenigen, die die Bestimmungen des Gesetzes kontrollieren sollen. Der deutsche Richterbund, der Zoll, die Kommunen wettern, was das Zeug hält. Ein Wunder ist das nicht. Denn was hier geboren wird, ist ein bürokratisches Monster und zuständig sind nicht etwa der Tüv oder ähnliche Organisationen, was auch denkbar wäre.
Dabei ist die Legalisierung von Hasch, Marihuana und Co. eigentlich gut gemeint. Die bisherige Cannabispolitik gilt – nicht nur in Deutschland – als gescheitert. Cannabis wird trotz aller Verbote konsumiert und zwar zunehmend. Der THC-Gehalt schwankt bei den Produkten allerdings stark. Es gibt giftige Beimengungen, Verunreinigungen sowie in ihrer Wirkung nicht einschätzbare synthetische Cannabinoide.
Karl Lauterbach: Gesundheit schützen und Drogenkriminalität eindämmen
Die Legalisierung hat, so sagt es der Gesundheitsminister, den Gesundheitsschutz zum Ziel. Die Regierung will aber außerdem Cannabis dem Schwarzmarkt entziehen und ihn auf diese Weise austrocknen. Ob das klappt, bleibt abzuwarten.
Denkbar wäre, dass die Konsumenten doch lieber weiter zum Dealer an der Ecke gehen, denn der private Eigenanbau, der nun ermöglicht wird, ist so detailliert geregelt, dass man ein Handbuch bräuchte. Konsumenten sollen sich in nicht-gewerblichen Anbauvereinen zusammenfinden – das sind die Cannabis Social Clubs – und unter vielen Auflagen die Pflanzen gemeinschaftlich anbauen können. Über sie können die Mitglieder auch Cannabis-Produkte für den Eigenkonsum kaufen.
Abgabe- und Besitzmengen sind allerdings begrenzt. Die Zahl der Samen und Stecklinge für den möglichen Anbau zu Hause sind abgezählt (nur drei Pflanzen jeder!). In den Vereinen haben Kinder und Jugendliche keinen Zutritt, es darf dort von den Erwachsenen trotzdem nicht konsumiert werden. Gewächshäuser müssen blickdicht sein. Auch zu Hause muss der Gartenbesitzer seine Teenager von den Pflanzen fernhalten. Die Vereine dürfen Cannabis weder versenden noch liefern oder liefern lassen. Es gibt eine Vielzahl weiterer Vorschriften. Die Behörden werden viel zu kontrollieren haben.
Vielleicht ist es kein Wunder, dass so etwas herauskommt, wenn ein Gesundheitsminister einen Koalitionsbeschluss umsetzen muss, der eigentlich nicht für die Freigabe war und dazu noch akribisch auf die eigene Gesundheit achtet, indem er etwa sein Essen nicht salzt.




