USA

Betrug am Staat: Der Moment der Wahrheit für Lügner-in-Chief Donald Trump

Endlich wird Donald Trump zur Rechenschaft gezogen für das, was er im Grunde seit jeher tut: lügen, tricksen, alle hinters Licht führen. Ein Kommentar.

Donald Trump ist dran, und er weiß es! Da hilft es auch nicht, den Ermittler Jack Smith (l.) als „geistesgestört“ zu diffamieren.
Donald Trump ist dran, und er weiß es! Da hilft es auch nicht, den Ermittler Jack Smith (l.) als „geistesgestört“ zu diffamieren.AFP

Der legendäre, im österreichischen Kaiserreich geborene und 2002 in Beverly Hills gestorbene Regisseur Billy Wilder wurde immer wieder gefragt, wie es ihm gelungen sei, in Amerika so gut Fuß zu fassen. So gut, dass er selbst und die von ihm geschaffenen Filme schon zu seinen Lebzeiten zum amerikanischen Kulturerbe wurden. Wilder erklärte daraufhin stets, dass es vor allem der Sport sei, über den man die Amerikaner kennen und verstehen lernen könne. Und dass er als leidenschaftlicher Sportfan, der er immer gewesen sei, da eben sofort angedockt habe.

Wer sich ein paar von Billy Wilders Filmen in Erinnerung ruft, „Sunset Boulevard“ etwa, „Manche mögen’s heiß“ oder „Das Appartement“, mag sich da erst einmal wundern, denn strahlende Sieger kennt keiner davon. Die Heroen müssen vielmehr mit dem Umstand klarkommen, dass das Leben selten so spielt wie gewünscht – und versuchen, ihm aus dieser Erkenntnis heraus einen Rest Würde abzugewinnen.

Jack Lemmon, der archetypische Billy-Wilder-Held, ist praktisch im ständigen Kampf mit den Umständen und scheitert dabei grundsätzlich – triumphiert am Ende aber, indem er dieses Scheitern einfach hinnimmt: „Nobody’s perfect“, eben. Im Sinne von Camus sind die von ihm gespielten Figuren Helden des Absurden. Im Sinne von Billy Wilder genügen sie schlicht dem Grundsatz des amerikanischen Sportsgeistes, wonach sich wahre Größe erst in der Niederlage zeigt. Ein guter amerikanischer Vater bereitet sein Kind auf das große Spiel des Lebens mit genau zwei Ratschlägen vor – dass es fair zu bleiben und im Falle einer Niederlage vor allen Dingen eines zu tun habe: dem Gewinner zu gratulieren.

Man muss das wissen, wenn man dieser Tage nach Amerika schaut: Dort will ein Mann, der als erster Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten seine frei und fair vonstatten gegangene Abwahl nicht akzeptiert und stattdessen alles bis hin zum Umsturzversuch drangesetzt hat, sich im Amt zu halten und über den Willen von Millionen von Wählern hinwegzusetzen – dort will dieser Mann also erneut Präsident werden. Allein die Dreistigkeit, mit der er so nicht einfach nur ein paar demokratische Regeln leugnet, sondern uramerikanische Werte, ist fast schon wieder bewundernswert. Aber eben nur fast. Nichts an Donald Trump verdient auch nur ansatzweise Bewunderung.

Und es ist nur folgerichtig, dass er deswegen angeklagt wird –  den „Moment der Wahrheit für unseren Lügner-in-Chief“ sieht die New York Times: Von allen Anklagen (Trump ist wohlgemerkt der erste frühere amerikanische Präsident, der überhaupt angeklagt wird, und nun wird er es zum dritten Mal) sei dies diejenige, die „ans Wesen der Dinge“ gehe. Man muss dabei nicht jeden Aspekt der Anklageschrift im Einzelnen kennen. Der zentrale Punkt ist: „conspiracy to defraud the United States“ – Verschwörung zum Betrug am Staat. Das trifft sein Tun in so vielerlei Hinsicht – im Grunde macht er dies von der Wiege an: lügen, tricksen, sich die Taschen füllen, alle hinters Licht führen, sich selbst aber herauswinden. Aber nun ist er dran.

In einem Radiointerview vorvergangene Woche in Iowa gemahnte Trump schon an das Äußerste und warnte, es wäre „sehr gefährlich“, ihn zu verurteilen, zumal zu einer Haftstrafe. Denn seine Anhänger seien noch wilder in ihrer Leidenschaft als 2020. Mit anderen Worten: Buchtet mich ein, und ihr bekommt es mit meinen Leuten zu tun! Wenn man nicht schon die Erfahrung gemacht hätte, dass diese Leute selbst mit weniger wilder Leidenschaft das Kapitol vandalisieren und dabei über Leichen gehen, würde man sagen: Was für ein lächerlicher Möchtegern-Faschist!

Und natürlich verunglimpft er den Mann, der ihn genau deswegen nun vor Gericht bringt, den Sonderermittler Jack Smith, als „geistesgestört“, als einen „bösen und schrecklichen Menschen“. Das Diffamieren und Diskreditieren von Gegenspielern, sei es ein Geschäftskonkurrent oder der Rechtsstaat an sich, gehört seit je zu Trumps Methode, sich durchs Leben zu lavieren. Und genau so will er sich auch zurück ins Weiße Haus schleichen, mit der kaum verhohlenen Absicht, die Vereinigten Staaten in einen totalitären Führerstaat umzubauen und auch sonst Vergeltung zu üben für das, was er krankhaft als Vertreibung aus dem Paradies empfindet. Trump sinne nicht auf ein Comeback, sagt sein früherer Wahlkampfmanager Brad Parscale: „Er will Rache.“

Gott bewahre Amerika und die Welt vor diesem Albtraum. Wahrscheinlich genügt aber ein pragmatischer Richter. Und im Zweifelsfall sind da ja noch die Amerikaner selbst, sie hassen schlechte Verlierer.