Die vom Senat eingesetzte Expertenkommission zur Frage der Enteignung von Wohnungskonzernen will in den kommenden Monaten möglichst transparent arbeiten. Die Mitglieder hätten sich auf den Grundsatz verständigt, das Verfahren so öffentlich wie möglich zu gestalten, sagte die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) als Vorsitzende der Kommission am Freitag nach der ersten Sitzung.
So sei bereits beim nächsten Zusammentreffen am 9. Juni eine öffentliche Anhörung geplant, bei der verschiedene Gruppen und Beteiligte ihre Standpunkte und Fakten vortragen sollen. Vorgesehen sei auch eine eigene Internetseite, auf der die Kommission Sitzungsprotokolle zu ihren Diskussionen und den Ergebnissen veröffentlichen will. Ob es dabei auch übereinstimmende Empfehlungen zu der Enteignungsfrage geben werde, müsse man sehen.
Der Auftritt der Kommissionsvorsitzenden am Ende des ersten Sitzungstages war das Ereignis für sich. Herta Däubler-Gmelin hat einen denkbar komplizierten Job übernommen. Sie muss ein Gremium leiten, das in der so sensiblen und umstrittenen Enteignungsfrage quasi unterschiedlicher Meinung sein muss.
Schon die Vorgeschichte ist von erbittertem Streit geprägt. Die Linkspartei als einer der drei Berliner Koalitionspartner machte sich das Ziel der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ vollumfänglich zu eigen. Allein die Tatsache, dass sich Rot-Grün-Rot bei den Koalitionsverhandlungen nach der Abgeordnetenhauswahl überhaupt auf eine Expertenkommission einigte, die Perspektiven für einen möglichen Enteignungsprozess aufzeigen soll, galt vielen als Verrat. Ihr Verdacht: Die Kommission soll zu dem Schluss kommen, dass eine Enteignung großer Immobilienkonzerne verfassungsrechtlich gar nicht möglich ist. Die Aktivisten fühlen sich um ihren Erfolg beim Volksentscheid im Herbst betrogen.
Nun haben alle drei Regierungsparteien Mitglieder für die Kommission nominiert, überwiegend Staats- und Verfassungsrechtler - hinzu kamen drei Vertreter der Enteignungs-Initiative. Um die Besetzung gab es vom ersten Tag an Ärger. Vor allem den drei von der enteignungskritischen SPD entsandten Mitgliedern wurde Voreingenommenheit unterstellt.
Aus Kreisen der Enteignungs-Initiative hieß es: Die SPD schicke Juristen in die Kommission, „die genau die gleichen fadenscheinigen Argumente vertreten wie die Immobilienkonzerne, die enteignet werden sollen“. In dieser schwierigen Atmosphäre soll Däubler-Gmelin jetzt das Gremium leiten.
Gretchenfrage: Taugt der Artikel 15 des Grundgesetzes für die Enteignung?
So sehr die ehemalige Politikerin und aktive Juristin nach der Auftaktsitzung am Freitag auch gelöchert wurde, sie möge doch bitte zumindest durchblicken lassen, ob sie persönlich Artikel 15 des Grundgesetzes überhaupt für geeignet halte, die Enteignung voranzutreiben, sie ließ sich nicht locken. Sehr wohl sei sie der Meinung, „dass Vergesellschaftungsfragen durchaus diskutiert gehören“. Und sie wisse auch um die Bedeutung dieser Diskussion - einen schwierigen Wohnungsmarkt gebe es schließlich nicht nur in Berlin, München oder Stuttgart. „Aber Sie werden von mir keine Einschätzung bekommen, wie weit der Artikel 15 möglicherweise reicht“, sagte die 78-Jährige. „Das wäre ja blöd.“
Ein missratener Hitler-Vergleich kostete Däubler-Gmelin die politische Karriere
Da blitzte sie durch, die „schwäbische Schwertgosch“, das lose Mundwerk, für das Däubler-Gmelin einst gefürchtet und von nicht wenigen auch bewundert wurde. Sie selbst hat damit so ihre Erfahrungen gemacht. Ein missratener, nun ja, Vergleich von George W. Bush mit Hitler ein knappes Jahr nach dem 11. September 2001 kostete sie das Ministerinnenamt. Das ist 20 Jahre her.

