„Ist es Ihrer Meinung nach akzeptabel oder inakzeptabel, Atomwaffen einzusetzen, wenn dies [für Russland] notwendig wäre, um in der Ukraine zu siegen?“
Diese Frage hat die private russische Meinungsforschungsfirma Russian Field 1604 Menschen in Russland im Juni telefonisch gestellt. Das Ergebnis: 74 Prozent der Befragten lehnen einen möglichen Einsatz der Atomwaffen in der Ukraine kategorisch ab, elf Prozent halten es jedoch für zulässig. Weitere fünf Prozent halten es nur in dem Fall für zulässig, wenn Russlands Siegeschancen in der „Spezialoperation“, also im Krieg gegen die Ukraine, schwinden würden. Die anderen haben sich enthalten oder konnten die Frage nicht beantworten.
„Ein Atomschlag ist für die Befürworter eine Machtdemonstration und die Kehrseite von Unsicherheit“
Einen Einsatz von Atomwaffen würden dabei vor allem Männer unterstützen. Am häufigsten stimmten Menschen im Alter von 30 bis 44 Jahren der Möglichkeit eines russischen Atomschlags auf die Ukraine zu. Über die Umfrage hat das russische Geschäftsportal RBC berichtet.
Das Portal zitiert dabei die Leiterin der Abteilung für Methodik der Wissenschaft, Sozialtheorie und Technologie an der Staatlichen Universität Pensa, Anna Otschkina, die die Ergebnisse der Umfrage für Russian Field ausgewertet hat. „Ich glaube, ein Atomschlag ist aus Sicht der Befürworter eine Machtdemonstration, die jeden dazu zwingen wird, die Bedingungen desjenigen zu akzeptieren, der diesen Schlag ausführt.“ Und deshalb sollten nach der Logik dieser Menschen die anderen Angst haben, nicht sie. „Das ist die Kehrseite von Sucht und Unsicherheit – rohe Gewalt als Lösung für alle Probleme zu betrachten“, erklärte die Forscherin.
Ukraine-Krieg: Ukrainische Piloten werden für F-16-Kampjets ausgebildet
Die Diskussion über eine mögliche Eskalation des Krieges und den hypothetischen Einsatz von Atomwaffen wurde in Russland wieder aufgenommen, nachdem Präsident Wladimir Putin Ende März Pläne zur Stationierung taktischer Atomwaffen auf dem Territorium von Belarus angekündigt hatte. Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte zuletzt in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem regierungsnahen Portal Lenta, Russland würde eine Übergabe der amerikanischen F-16-Kampfflugzeuge an die Ukraine als eine nukleare Bedrohung betrachten.
Vorher hatten der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow und die Staats- und Regierungschefs von elf westlichen Ländern (ohne Deutschland) ein Memorandum zur Ausbildung ukrainischer Piloten für F-16-Kampfflugzeuge unterzeichnet. „Im Verlauf der Kämpfe werden unsere Militärs nicht klären, ob jedes einzelne Flugzeug des angegebenen Typs für die Lieferung von Atomwaffen ausgerüstet ist oder nicht“, warnte Lawrow und beschuldigte die USA und die Nato wachsender Risiken eines direkten bewaffneten Zusammenstoßes mit Russland, dessen mögliche Folgen er als „katastrophal“ bezeichnete.

