Flugbereitschaft der Bundeswehr

Experte klärt auf: Das ist der wahre Grund für die Pannen der Regierungsflieger

Pleiten, Pech und Pannen bei der Flugbereitschaft sorgen für Spott in den Medien und eine gestrandete Annalena Baerbock. Ein Luftfahrt-Experte erklärt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock steigt am Flughafen von Abu Dhabi in die Regierungsmaschine. 
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock steigt am Flughafen von Abu Dhabi in die Regierungsmaschine. Sina Schuldt/dpa

Es ist wieder einmal passiert. Ein Airbus A340 der Flugbereitschaft musste samt Außenministerin an Bord kurz nach dem Start im Wüstenstaat Vereinigte Arabische Emirate (VAE) wieder umkehren und in Abu Dhabi zwischenlanden. Am Dienstagmorgen musste dieselbe Maschine gar wegen desselben Defekts noch mal umkehren. Der Grund: Eine Landeklappe ließ sich nicht einfahren.

Für die Medien sind diese Geschichten natürlich mal wieder ein gefundenes Fressen. Klar, nach den vielen, vielen Zwischenfällen defekter Regierungsflieger in Madrid oder Mali – manchmal wurden sogar, wie 2018 in Indonesien, Kabel von Nagetieren durchgekaut – war auch diese Story wieder tolles Füllmaterial für die politische Sommerpause.

Doch warum mussten und müssen so viele Regierungsflieger ihre Reise abbrechen? Warum starten sie oft nicht oder müssen irgendwo zwischenlanden, ehe es für den Bundeskanzler oder die Außenministerin dann mit der Linienmaschine der Iberia weitergeht? Sind die Flieger schlecht gewartet? Ist ein Weiterfliegen zu unsicher? Drohte gar der Absturz?

Flugzeuge bleiben am Boden: Luftfahrtexperte klärt auf

Die Berliner Zeitung hat dazu mit dem anerkannten Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt gesprochen. Der Mann war Sprecher und Berater von Boeing in Seattle und ist ein ausgewiesener Fachmann zum Thema Luftfahrt.

Aufgrund einer technischen Störung konnten bei diesem Flug die Flügelklappen nicht korrekt eingefahren werden, wie es später hieß. „Damit kann man tatsächlich nicht weiterfliegen, jedenfalls nicht die 12.100 Kilometer von Abu Dhabi nach Sydney“, sagt Großbongardt.

Generell könne man aber sagen, sagt der Experte, dass viele der früheren Zwischenfälle nicht so gravierend waren. Denn alle modernen Verkehrsflugzeuge haben heute mehrere redundante Sicherheitskreise für alle wichtigen Systeme. Falle mal ein System, wie etwa das Ausfahren des Fahrwerks aus, gäbe es mehrere Systeme, die stattdessen einspringen. Gefährlich werde es dadurch noch lange nicht, so Großbongardt.

„Für jedes Flugzeug gibt es eine sogenannte Minimum Equipment List (MEL)“, sagt Großbongardt, „wenn jetzt etwas defekt ist, dann bedeutet das für die Piloten: Sie können fliegen, aber haben zum Beispiel eine Höhenbeschränkung oder dürfen nicht weiter entfernt als 120 Minuten vom nächsten Ausweichflughafen sein, oder, oder, oder.“

Bei Airlines wie der Lufthansa geht es ums Geld

Kommerziellen Airlines mache ein Fehler an Bord nichts aus: „Sie fliegen trotzdem und das ist auch sicher“, sagt der Experte, auch wenn statistisch das Risiko einer Ausweichlandung steige, wenn es zum Beispiel Probleme mit einem weiteren System an Bord gibt. „Schließlich geht es da ums Geld.“

Der Unterschied hier im konkreten Fall: Die Flugbereitschaft legt diese Listen aus politischen Gründen viel strenger aus. „Nicht weil der Flieger abstürzen kann, sondern ein Mitglied der Regierung an Bord ist“, sagt der Experte. Dabei gehe es nicht um die Flugsicherheit, sondern um trivialere Gründe.

„Man möchte eben nicht in Ländern zwischenlanden, die einem politisch nicht wohlgesonnen sind oder deren Wartungsinfrastruktur weniger komfortabel ist“, so der Experte weiter. Es gelte bei der Flugbereitschaft lediglich politische und diplomatische Unwägbarkeiten auszuschließen, sagt Großbongardt. Nach dem Motto: „Besser nicht nur den Gürtel anlegen, sondern gleich die Hosenträger.“

Auch andere Staaten haben ähnliche Probleme

Bei anderen Staaten sei das sogar ähnlich, nur erreichten die Nachrichten eben selten die deutsche Presse, sagt Großbongardt.

Und so vermied man denn auch das Risiko auf den Malediven oder in Sri Lanka zu landen und kehrte nach Abu Dhabi zurück. Gleich nebenan in Dubai hat die Lufthansa Technik, die alle Airbusse der deutschen Flugbereitschaft wartet, ein Ersatzteillager und Fachpersonal stationiert.

Regierungsmaschinen sind gut gewartet

Insgesamt seien die Maschinen der deutschen Flugbereitschaft gut gewartet, da sie zusammen mit den Lufthansa-Flugzeugen instand gehalten werde. Lufthansa Technik ist einer der weltweit größten Anbieter in diesem Segment. Mit den Horrorgeschichten von der Bundeswehr, die man sonst so liest, hat es diesmal also scheinbar nichts zu tun.

Auf die Frage, ob es am Alter der Maschine gelegen hat, antwortet der Experte: „23 Jahre sind kein biblisches Alter für ein Flugzeug, aber die neuen A350-Maschinen sind noch mal deutlich zuverlässiger und günstiger im Unterhalt.“ Bei vielen Airlines werde der A340 ja schließlich auch ausgemistet, da sei die Flugbereitschaft kein Ausnahmefall.