Am Freitag hat der Bundestag debattiert, ob Ärztinnen und Ärzte künftig auf ihren Internetseiten informieren dürfen, mit welchen Methoden und unter welchen Bedingungen sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Bisher ist das laut Paragraf 219a im Strafgesetzbuch verboten. Wenn gynäkologische Praxen diese Informationen anbieten, drohen ihnen hohe Bußgelder.
Wer die Debatte im Plenarsaal verfolgte, konnte allerdings erkennen: Eigentlich verhandeln die Fraktionen in diesen Tagen etwas Größeres. Je nach Position bezeichnen sie das dann als Lebensschutz – oder als Recht auf körperliche Selbstbestimmung.
Informationen über Schwangerschaftsabbrüche im Internet
Der Gesetzentwurf der Ampel-Regierung sieht vor, den Paragraf 219a zu streichen. Justizminister Marco Buschmann (FDP) verteidigte das Vorhaben damit, „informierte Entscheidungen“ von Betroffenen zu ermöglichen und Ärztinnen und Ärzte nicht länger zu kriminalisieren. Schwangere in Konfliktsituationen hätten ein „Bedürfnis nach Orientierung“, was sie in der heutigen Welt eben ins Internet führe.
Wir von der #Fortschrittskoalition machen Schluss mit der unsachlichen Kriminalpolitik der CDU und Schluss mit der Bevormundung von Frauen.
— Canan Bayram (@LieblingXhain) May 13, 2022
Wir stehen für Versorgungssicherheit und Selbstbestimmung #wegmit219a #219a #Bundestag pic.twitter.com/t79mrudsZh
Buschmann nannte es eine „Ungerechtigkeit“, dass es dort „jeder Fake-News-Schleuder“ erlaubt sei, Falschinformationen zu verbreiten. Gerade deshalb müssten auf den Internetseiten von Fachkräften Informationen über ihre medizinischen Leistungen zu finden sein. Den Schutz „ungeborenen Lebens“ – eine verfassungsrechtliche Begründung, aus der die strafrechtliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen als solche im Paragraf 218 StGB resultiert – sehe er durch eine Streichung des Paragrafen 219a nicht in Gefahr. Paragraf 218 stellt Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe, der Folgeparagraf 218a befreit unter bestimmten Bedingungen davon.
Doch der Beitrag des Justizministers war am Freitag fast der einzige, der sich auf die Abschaffung des sogenannten „Werbeverbots“ konzentrierte. Dass nämlich nach dem Paragraf 219a auch 218 kippen könnte, fürchten Union und AfD so sehr, wie es die Ampel-Koalition in Erwägung zieht und die Linkspartei fordert. Die Rednerinnen beschuldigten sich dabei gegenseitig, die Debatte zu moralisieren.
Union sträubt sich gegen Abschaffung
Vor allem die Unionsfraktion warf der Regierung „mangelnde Sensibilität“ bei diesem Thema vor, so sagte es die Abgeordnete Nina Warken. Sie befürchte, dass ohne die strafrechtliche Regelung regelrecht kampagnengleich für Abbrüche geworben werden könnte.
Warken warnte gar vor „Werbung in den sozialen Medien“, die sich aktiv an „die Zielgruppe“ richten würde, wobei sie sich selbst paradoxerweise einer Sprache bediente, die von einer Marketingagentur stammen könnte.
In den Gegenreden waren sich Vertreterinnen von SPD, Grünen und Linkspartei fast einig, dass die Abschaffung des Paragrafen andere Zeiten für geschlechtliche Selbstbestimmung einläuten würde. Es sei ein historischer, ein „schöner Moment“, der „die Hoheit über unsere Körper“ betrifft, sagte etwa die Sozialdemokratin Carmen Wegge. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) nannte die bisherige Gesetzeslage „zynisch“ und sagte: „Der Schwangerschaftsabbruch gehört einfach nicht ins Strafrecht.“


