Berlin-Nach den zahlreichen Wahlpannen am 26. September in Berlin kommen immer absurder wirkende Details zutage. Dass zwischenzeitlich vielerorts die Stimmzettel ausgingen, hatte etwa den Grund, dass man den Wahlvorständen die Schlepperei nicht zumuten wollte. So sollten die Wahllokale in Charlottenburg-Wilmersdorf zunächst nur höchstens 25 Kilogramm Wahlunterlagen erhalten.
Immerhin hatten die Wahlvorstände der einzelnen Wahllokale am Vortag viel Material aus den Rathäusern abzuholen und in die Wahllokale zu bringen: die Zettel für die Erst- und die Zweitstimmen für Bundestag, Abgeordnetenhaus sowie für die Bezirksparlamente, einen Volksentscheid und auch Wahlgesetze und Niederschriften.
Arne Herz, stellvertretender CDU-Bezirksbürgermeister und Stadtrat für Bürgerdienste in Charlottenburg-Wilmersdorf, sagte laut Wortprotokoll in der Sondersitzung des Innenausschusses in der vergangenen Woche: „Wir haben bei dieser Wahl ganz bewusst bei 25 Kilo den Deckel draufgemacht für den einzelnen Wahlvorstand und ihm diese Erstausstattung, die für den Vormittag berechnet war, mitgegeben.“
Auf Nachfrage fügte der Stadtrat hinzu: „Bei uns waren es Rollkoffer, die wir ihnen (den ehrenamtlichen Helfern, Anm. d. Red.) mitgegeben haben, und irgendwann ist das begrenzt.“ Genau deswegen habe man sich für diese Verfahrensweise entschieden.
Weitere Stimmzettel sollten laut Herz am Wahlsonntag zwischen 7 und 10 Uhr nachgeliefert werden sowie bei Bedarf. Tatsächlich sei dieser Nachschub aus verschiedenen Gründen an einigen Stellen ins Stocken geraten. Auslöser sei nicht der Marathon direkt gewesen, aber ein Verkehrschaos in den umliegenden Straßen, das insbesondere durch einen Unfall auf der Stadtautobahn verursacht wurde.
Überall wären sechs Wahlkabinen nötig gewesen
Auch die Zeit, die ein Wähler zur Verfügung hatte, war sportlich berechnet: Die Landeswahlleitung ging davon aus, dass sich jeder durchschnittlich drei Minuten in einer Wahlkabine aufhalten werde. Diese Kalkulation ging nicht auf, vielerorts gab es bekanntlich lange Warteschlangen.
Und so macht der Abgeordnete Marcel Luthe (Freie Wähler) eine Rechnung auf: Wenn davon ausgegangen wurde, dass in einer Wahlkabine im Durchschnitt drei Minuten verbracht werden, dann sind das bei 2,73 Millionen Wahlberechtigten für die BVV rund 8,1 Millionen Minuten. Dies runtergebrochen auf 2245 Wahllokale sind 3608 Minuten pro Wahllokal. „Das bedeutet wiederum bei zehn Stunden, die die Wahllokale geöffnet sind, dass Sie insgesamt, um nur das abzuarbeiten, in jedem Wahllokal sechs Wahlkabinen gebraucht hätten. Die hatten wir aber nicht“, so Luthe. „Das heißt, es war bereits organisatorisch gar nicht möglich, dass jeder die Urnenwahl wahrnimmt. Wie viele Bürger von ihrem Briefwahlrecht Gebrauch machen würden, konnte vor der Auszählung niemand wissen, zumal auch bei der Briefwahl massives Chaos herrschte.“

