Kolumne

Warum lernen viele Menschen in Berlin kein Deutsch?

Manche meiner Bekannten aus anderen Ländern haben kein Interesse, auch nur ein bisschen Deutsch zu lernen. Woher kommt eigentlich diese Arroganz?

„Bitte einen Kaffee“ - Das kann doch nach fünf Jahren nicht so schwer sein.
„Bitte einen Kaffee“ - Das kann doch nach fünf Jahren nicht so schwer sein.Pond5 Images/Imago

Wer durch Mitte läuft, der bekommt eine ungefähre Ahnung davon, was es bedeutet, in einer Stadt zu leben, die viele Nationen anzieht. Man sieht Menschen aus Asien, People of Color, Amerikaner, Araber und natürlich eine ganze Menge junger Leute aus Südeuropa, die Berlin schon seit Jahren zu einer ihrer liebsten Ferien-Destinationen auserkoren haben.

Bei all diesen verschiedenen Menschen herrscht natürlich die Weltsprache Englisch vor, wer sich durch Mitte bewegt, der sollte sie beherrschen, denn ohne Englischkenntnisse ist man hier mittlerweile zügig aufgeschmissen. Selbst der Becher Kaffee ist hier zum „Americano to go“ geworden. 

Deepl für eine Tasse Kaffee

Ich finde das nicht schlimm, Berlin will immer Weltstadt sein und Metropole von gleichem Rang wie New York, London, Tokio und so weiter, da gehört Englisch eben dazu. Da leidet auch die dramatisch viel beschworene Sprache Goethes nicht drunter, keine Sorge. Natürlich ist es schwierig, wenn man kein Englisch spricht, mein Vater ist so ein Fall und er hatte bei seinem letzten Besuch Probleme mit einer Bestellung bei Starbucks, ich berichtete davon. Also, geschenkt.

Was mich aber wirklich auf die Palme bringt, ist die Tatsache, dass ich mehrere Bekannte allerlei Geschlechts habe, die aus verschiedenen Ländern der Erde stammen und schon länger in Berlin leben. Viele davon weigern sich aber standhaft, Deutsch zu lernen. Denn, so das Argument, Berlin sei ja nur eine temporäre Station in ihrer Vita, sie hätten ja nicht vor, hier alt zu werden. Das hörte ich erst neulich wieder von einem amerikanischen Freund, der seit fünf (!) Jahren in Neukölln lebt und Deepl braucht, um sich im Café einen Kaffee zu bestellen. Also wie bei Starbucks, nur andersherum.

Irgendwie regt mich das auf, denn regelmäßig werde ich dann herangezogen, wenn es um komplexere Dinge geht, Ämtergänge, Arztbesuche und so weiter. Das ist auch eine Art von Kolonialismus, die aber interessanterweise in meinem Freundeskreis nur bei englisch- oder spanischsprachigen Menschen auftritt.

Ich habe Bekannte aus asiatischen Ländern, die mich nach einem halben Jahr in Berlin mit „Alter, was geht bei dir?“ begrüßten und das in druckreifem Deutsch. Ich verstehe schon, dass Deutsch eine furchtbare Sprache ist, wenn man sie erlernen muss. Aber ein bisschen Wille zum gegenseitigen Verständnis fände ich ab und an schon ganz schön.


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