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Iglos Fischstäbchen wird 60: Was steckt im beliebten Fett-Quader?

Käpt’n Iglo und sein Goldschatz: Fischstäbchen wecken bei Erwachsenen Kindheitserinnerungen. Unser Autor hat sich das knusprige Fertiggericht genauer angeschaut. 

Pfanne oder Backofen? An dieser Frage scheiden sich die Geister.
Pfanne oder Backofen? An dieser Frage scheiden sich die Geister.imago images

Die Deutschen tun es jedenfalls immer häufiger: Während 1988 der Jahresverbrauch pro Kopf noch durchschnittlich bei zwölf Stück lag, werden inzwischen mit 27 mehr als doppelt so viele Fischstäbchen verdrückt. Laut dem Deutschen Tiefkühlinstitut verkauften die Hersteller in Deutschland im vergangenen Jahr 67.460 Tonnen Fischstäbchen.

„Unsere Fischstäbchen in all ihren Varianten erreichen in Deutschland einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent“, sagt Alfred Jansen, Pressesprecher bei Iglo. Andere große Hersteller, die diverse Discounter beliefern, sind Frosta oder die Firma Pickenpack, die seit 2015 zum amerikanischen Unternehmen Trident Seafoods gehört.

Die länglichen, in Panade vorgebratenen Fischfilets wecken für viele Erwachsene immer noch Kindheitserinnerungen an einstige Lieblingsgerichte; neben Fischstäbchen waren das häufig Ravioli, Spaghetti und Pizza. Und der bärtige Käpt’n, seit 1985 Ikone der Iglo-Werbung, jubelte uns Kindern die glitschigen Wasserbewohner unter, aus seiner Schatzkiste holte er einfach knusprige Goldbarren ohne Gräten, Schuppen, Flossen und Kopf.

Fisch ist gesund, fetthaltige Panade eher weniger

Von den gesunden Vorzügen des Fischkonsums wie der Aufnahme von Jod, essenziellen Eiweißstoffen, Vitaminen und wertvollen Omega-3-Fettsäuren war damals nie die Rede – genauso wenig wie von der weniger gesunden fetthaltigen Panade. Fünf Stäbchen aus der Pfanne bringen im Schnitt 17,2 Gramm Fett auf den Teller.

Als Erfinder der Tiefkühlkost gilt der amerikanische Pelzhändler Clarence Birdseye. Bereits 1923 baute er eine Anlage zum Tiefgefrieren. Abgeschaut hatte er sich die Konservierungsmethode bei den Inuit, die Fische in der -40 Grad kalten Luft im Freien aufhängten. Bis 1930 perfektionierte Birdseye den Prozess und brachte schockgefrorene Lebensmittel – Fisch, Fleisch, Früchte, Gemüse – in die von ihm installierten Kühltruhen.

Darf’s ein bisschen mehr sein? Noch immer gehen die Stäbchen von Iglo oft über die Ladentheke.
Darf’s ein bisschen mehr sein? Noch immer gehen die Stäbchen von Iglo oft über die Ladentheke.imago images

Noch vor dem Zweiten Weltkrieg erwarb der niederländisch-britische Konzern Unilever die Europalizenz für die Plattenfroster, und unter dem Namen Solo Feinfrost GmbH wurden deutsche Produktionsstandorte in Wunstorf und Emden gegründet. Als Erste kamen in den 1950er-Jahren Fischstäbchen aus Kabeljau der englischen Firma Birds Eye auf den Markt.

In der DDR wurden Rostocker Fischstäbchen zum Erfolg

Auch in den Niederlanden war die Einführung erfolgreich gestartet, deshalb wurde der Name Iglo – holländisch für Iglu – in der Bundesrepublik übernommen. Ab 1963 bot die Langnese-Iglo GmbH ihre Tiefkühlwaren an, schon bald hielten im westdeutschen Lebensmittelhandel 10.000 Kühltruhen Einzug. In der DDR wurden ab 1969 Rostocker Fischstäbchen im VVB Fischkombinat Rostock produziert. Sie bestanden allerdings nicht aus gesägten Filetblöcken, sondern ausschließlich aus zerkleinertem Fischfleisch.

Nachdem die Bestände von Kabeljau und Köhler wegen Überfischung stark zurückgingen, stiegen die Fischverarbeiter auf den Pazifischen Pollack um. Um ihn besser vermarkten zu können, wurde er flugs in „Alaska-Seelachs“ umgetauft, obwohl der Fisch zur Familie der Dorsche gehört. Mittlerweile ist er nach dem Lachs der Deutschen zweitliebster Speisefisch.

Nach Berichten der Welternährungsorganisation (FAO) aus dem Jahr 2022 ist jede dritte Fischart überfischt und rund 60 Prozent der Arten stehen kurz davor. Als Orientierungshilfe bieten die Umweltschützerinnen und Umweltschützer von Greenpeace daher einen Einkaufsratgeber, in dem knapp 50 Fischarten hinsichtlich ihrer Gefährdung bewertet werden.

Nur zehn Prozent der Fischarten können bedenkenlos genossen werden

Unterm Strich bleiben lediglich etwa zehn Prozent, die bedenkenlos für den Konsum geeignet sind. Darunter befinden sich der Karpfen und der Hering, wobei es auf die Herkunft und die Fangmethode ankommt. Auch Zuchtfische sollten nicht bedenkenlos verzehrt werden, da sie selbst Fisch fressen und so ebenfalls zur Überfischung beitragen.

1997 wurde der Marine Stewardship Council (MSC) gegründet. Die unabhängige und gemeinnützige Organisation vergibt Umweltsiegel für Fische aus nachhaltiger Fischerei. Seit Käpt’n Iglo das MSC-Siegel trägt, setzt auch die Konkurrenz auf Nachhaltigkeit. Mithilfe der Verpackungsangaben können Verbraucherinnen und Verbraucher ermitteln, woher die Fischstäbchen kommen.

Werbebotschaft oder Kampfansage? In Berlin wird Käpt’n Iglo als Protestfigur instrumentalisiert.
Werbebotschaft oder Kampfansage? In Berlin wird Käpt’n Iglo als Protestfigur instrumentalisiert.imago images

Hauptsächlich sind es Alaska-Seelachse, die im Nordostpazifik gefangen werden. Direkt an Bord moderner Fangschiffe werden sie filetiert und in Blöcken eingefroren. Daraus sägen später Unternehmen an Land Stäbchen und frittieren sie kurz mit Panade. Gemäß den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuchs müssen Fischstäbchen mindestens 65 Prozent Fischfilet enthalten.

Um die Werbefigur Käpt’n Iglo gab es einst einen Rechtsstreit

Das Gütezeichen des MSC mit dem weißen Fisch auf blauem Oval bleibt unter Fischereiexpertinnen und -experten dennoch umstritten. Denn sogar der Fang des stark bedrohten Schwarzen Seehechts oder die problematische neuseeländische Hoki-Fischerei wurden anfangs zertifiziert. Die Umweltorganisation Greenpeace Deutschland bemängelt außerdem, dass nur 60 bis 80 Prozent der Standards erfüllt sein müssen, um die MSC-Zertifizierung zu erhalten.

Inzwischen tragen hierzulande fast 3000 Produkte das MSC-Siegel. „Grundsätzlich ist der MSC aber ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Diplom-Biologe Thilo Maack von Greenpeace. Im amerikanischen Teil des Beringmeers gilt der Alaska-Seelachs heute als „stabil und nicht überfischt“, urteilt ebenfalls die FAO. Der Fisch wird dort mit Netzen gefangen, die nicht den Boden berühren, also vergleichsweise wenig ökologische Schäden anrichten. Zudem ist der Beifang gering.

Nur Kinderkram? Die Marke Iglo will jetzt auch Erwachsene für ihre Fischstäbchen begeistern.
Nur Kinderkram? Die Marke Iglo will jetzt auch Erwachsene für ihre Fischstäbchen begeistern.imago images

Ende 2018 startete Iglo mit dem Slogan „Einfach lecker leben“ eine neue Markenkampagne, um auch Erwachsene als Zielgruppe anzusprechen. Der damalige Marketingdirektor Philipp Kluck wünschte sich mit einem neuen Darsteller des Markenbotschafters Käpt’n Iglo ein Heranrücken an unterschiedliche Generationen.

Im gleichen Jahr musste der Tiefkühlkost-Hersteller nach einem langjährigen Rechtsstreit über die Einzigartigkeit der bekannten Werbefigur Käpt’n Iglo eine Niederlage vor dem Oberlandesgericht München einstecken. Iglo hatte der Cuxhavener Firma Appel Feinkost vorgeworfen, seine beliebte und bekannte Werbefigur Käpt’n Iglo abgekupfert zu haben. Das Gericht sah jedoch in der Appel-Werbung mit einem bärtigen Herrn in einem „eleganten Dreiteiler vor maritimer Kulisse“ keinen unlauteren Wettbewerb.

Außerdem seien die „Kernmerkmale“, die das Unternehmen für seinen Käpt’n aufführte, also „Seemann, europäisches Aussehen, weiß-grauer Bart“ nur „mäßig geeignet, um damit eine wettbewerbliche Eigenart zu begründen“. Die Klage wurde abgewiesen.

Übrigens: Im Gegensatz zu anderem Fisch gibt es die Stäbchen nur in einer einzigen Form – tiefgefroren.