Mode

Berlin Fashion Week: Nackte Peta-Aktivistin auf dem Laufsteg

Mit ihrer Aktion will die Organisation Peta auf Tierquälerei in der Modeindustrie aufmerksam machen. Ausgesucht hat sie sich dafür ausgerechnet eine Show von Studenten.

Eine Aktivistin von Peta nahm am Dienstag einen Laufsteg der Fashion Show ein. 
Eine Aktivistin von Peta nahm am Dienstag einen Laufsteg der Fashion Show ein. Emmanuele Contini

Eines muss man der Organisation Peta wirklich lassen: Sie meint es bitterernst mit dem Tierschutz. Das zeigt ihr übergeordnetes Ziel einer komplett veganen Gesellschaft genauso wie die vielen Methoden, mit denen Peta die Gesellschaft dazu bringen will.

Sie reichen von großen Protesten bis zu kleinen Denkanstößen – von Tierbefreiungsaktionen bis hin zu Tipps für eine adäquate Sprache, die Begriffe wie „Meeresfrüchte“ für Schalentiere ausschließt oder aus dem „Haustier“ einen „tierischen Mitbewohner“ machen soll.

1980 in den USA gegründet, ist Peta längst die größte, bekannteste, gefürchtetste Tierschutzorganisation der Welt; seit 1993 gibt es auch einen deutschen Ableger mit Hauptsitz in Stuttgart und Büros in Berlin. Genau wie die Mutterorganisation fordert auch Peta Deutschland e.V. eine tierleidfreie Welt, also eine, in der die Menschen auf tierische Produkte gänzlich verzichten. So weit, so verständlich. Wie aber Peta auf seine wichtigen Themen aufmerksam machen will, lässt sich nicht immer nachvollziehen.

Wirkt die Aktion auf den Modenachwuchs tatsächlich inspirierend?

Die Tierschutzorganisation setzt auf Schock. Auf die Provokation, die mitunter ein potentes, aber eben auch ein billiges Mittel ist. Nackte, kunstblutverschmierte Aktivistinnen oder Werbekampagnen, in denen Peta die Tierhaltung mit dem Holocaust gleichsetzt: Oft lösen die Aktionen der Organisation eine Entrüstung aus, die, so ist zu befürchten, eine gewünschte Sensibilisierung für die Belange der Tiere überschattet.

Ähnlich könnte man das auch über die jüngste Aktion von Peta Deutschland sagen, die am Dienstagabend auf der Berlin Fashion Week vollzogen wurde. Seit Jahren tritt die Organisation auf der Modewoche in Erscheinung; meist postierte sie sich mit Protestplakaten vor verschiedenen Austragungsorten der Modewoche. Im Visier: die globale Modeindustrie, die Tiere zur Materialgewinnung ausbeutet und tötet. So fordert Peta nicht nur den Verzicht auf Leder und Pelz, sondern auch auf sämtliche andere tierische Materialien wie Wolle oder Seide.

Nun aber beließ es Peta nicht bei der Demonstration vor der Modenschau-Location – sondern ließ eine Aktivistin nackt einen Laufsteg stürmen, per Bodypainting angemalt wie ein gehäutetes Tier. Wobei „stürmen“ hier wohl der falsche Begriff wäre: Die Aktivistin konnte entspannt den Laufsteg für sich einnehmen – ob es an Sicherheitspersonal mangelte oder man die bemalte Frau schlichtweg schulterzuckend gewähren ließ, ist nicht bekannt. Eine Absprache habe es jedenfalls nicht gegeben, heißt es von Peta auf Anfrage.

Ohnehin ein Haken der Aktion: Die Tierschutzorganisation wählte dafür nicht etwa den Laufsteg einer großen, im besten beziehungsweise schlimmsten Fall leder- oder pelzverarbeitenden Marke – sondern die Inszenierungen von Studentinnen und Studenten.

Im Rahmen der Veranstaltung „Neo Fashion“ wurden am Dienstag ab 18 Uhr in der Alten Münze Kollektionen der Hochschule Pforzheim und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin gezeigt – beide übrigens bekannt für einen starken Fokus auf nachhaltige Mode. An einem bestimmten Punkt der Show betrat die Aktivistin aus der ersten Reihe heraus den Laufsteg: „Leather kills“ und „Wear Your Own Skin“, war auf ihrem Körper zu lesen – „Leder tötet“, „Trag deine eigene Haut“.

Werden durch die Tierschutzorganisation sexistische Stereotype reproduziert?

Ob die präsentierenden Studentinnen und Studenten überhaupt Leder – oder irgendein anderes tierisches Produkt – in ihren Kollektionen verarbeiteten, kann Peta vorab kaum bekannt gewesen sein. Darum geht es der Organisation aber offenbar auch nicht. Man wolle den Modenachwuchs dazu animieren, es besser zu machen als die großen Modehäuser, heißt es in einer Mitteilung. Ob sich die jungen Designerinnen und Designer durch eine Störung ihrer Schau positiv beeinflussen lassen, ist allerdings fraglich.

Modenschauen von Universitäten und Hochschulen sind für die Studentinnen und Studenten wichtig. Sehr sogar: Die hier entstehenden Bilder dienen nicht selten zur Illustration von Bewerbungsunterlagen, mit denen die jungen Designerinnen und Designer nach Abschluss ihres Studiums bei den Unternehmen vorstellig werden. Fotos, auf denen statt der eigenen Entwürfe eine nackte Peta-Aktivistin zu sehen ist, bieten sich dafür kaum an.

Nicht selten arbeiten die Nachwuchstalente monatelang auf ihre erste Modenschau hin; im Publikum sitzen vor allem Freunde und Familie – Journalistinnen und Journalisten sind bei solchen Inszenierungen nicht immer zu Gast, was ja für die Protestaktion an sich auch eher ungünstig ist. Womöglich ist der Grund für ausgerechnet diesen Protest-Ort auch, dass sich für die Studentenschauen einfach Tickets bestellen lassen, sie also nicht einem geladenen Fachpublikum vorbehalten sind.

Was zudem für Kritik sorgen dürfte: Wieder ist es eine Frau, die durch ihre Nacktheit provozieren soll. Zu einem überragend großen Teil sind es weibliche Körper, mit denen Peta Aufmerksamkeit generieren will – meist schlanke, gemeinhin als schön geltende Frauenkörper. Damit reproduziert die Tierschutzorganisation sexistische Klischees.

Vielleicht sollte sich Peta ausnahmsweise auch mal selbst animieren und inspirieren lassen. Von den Modenschauen in Berlin zum Beispiel, auf denen allmählich diverse Körper sichtbar werden; junge wie alte, schlanke wie kurvige, männliche wie weibliche sowieso. Eine ausgewogene, diverse Protestaktion für den Tierschutz – das wär doch mal was!